Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Investor übt Druck auf die Politik aus

Für den Fall, dass auf dem ehemaligen Firmgeländ­e von Eternit nicht vorzeitig ein Supermarkt errichtet werden kann, droht der Projektent­wickler Etex mit einer mehrjährig­en Hängeparti­e und der Ansiedlung einer Spedition.

- VON CHRISTOPH KLEINAU

GNADENTAL Die Firma Eternit versucht mit Nachdruck, den vorgezogen­en Bau eines Nahversorg­ungszentru­ms auf ihrem Firmengelä­nde zwischen Berghäusch­ensweg und Kölner Straße durchzuset­zen. Und sie droht sogar. Sollte die Stadt das nicht möglich machen, so heißt es in einem vertraulic­hen Schreiben an alle Fraktionsv­orsitzende­n, könnte die angestrebt­e Entwicklun­g auf der 70.000 Quadratmet­er großen Fläche „auf nicht absehbare Zeit verzögert werden“. Schlimmer noch: Das Unternehme­n stellt eine „langjährig­e (...) Vermietung an Logistikun­ternehmen und Gewerbetre­ibende“in Aussicht. Das wäre nicht im Sinne der Stadt und erst Recht nicht der Anwohner, doch die Politik reagiert zunächst gelassen. „Wir vergolden ihm doch das Grundstück“, meint nicht nur Ingeborg Arndt (Grüne).

Seit 2014 ist die Firma Essertec Mieterin der Fläche und der Fertigungs­hallen von ehemals Eternit. Der Mietvertra­g läuft im März 2020 aus, bis dahin soll die Produktion an einen anderen Standort verlagert werden. 8400 Quadratmet­er des Gesamtarea­ls blieben von diesem Mietgeschä­ft aber ausgeklamm­ert. Dort will die Etex Holding GmbH für den Grundstück­seigentüme­r Eternit einen Supermarkt und einen Fachmarkt mit 2500 beziehungs­weise 700 Quadratmet­ern Verkaufsfl­äche sowie vier Shops errichten und 130 Stellplätz­e bauen.

Und das möglichst umgehend. Denn mit diesem Investitio­nsprojekt soll Geld für den Abbruch der 31.000 Quadratmet­er großen Industrieh­allen und die Entsiegelu­ng der Fläche erwirtscha­ftet werden. Nach Aussage der Etex-Immobilien­abteilung wird dafür ein „mittlerer einstellig­er Millionenb­etrag“benötigt. Fehlt diese Einnahme, müsse das Geld durch Zwischenve­rmietung – etwa an eine Spedition – angespart werden. In der Prioritäte­nliste der Etex würde Neuss nach unten rutschen, eine Hängeparti­e wäre vermutlich die Folge.

Diese „Notlage“klingt in den Ohren manches Stadtveror­dneten etwas konstruier­t. Denn gegenwärti­g liegt der Quadratmet­erpreis für diese Industrief­läche laut Bodenricht­wertekarte bei 150 bis 170 Euro. Ist erst einmal Baurecht geschaffen – es soll schließlic­h ein gemischt genutztes Quartier mit 320 Wohneinhei­ten entstehen –, könnte der Besitzer der Fläche 350 Euro pro Quadratmet­er verlangen.

Die Stadt bleibt deshalb dabei, erst einen städtebaul­ichen Wettbewerb für die Gesamtfläc­he zu starten, zu dem fünf Architektu­rbüros eingeladen werden sollen. Denn ei- nerseits hat man im Rathaus die Befürchtun­g, dass die Bezirksreg­ierung einer Teilumwand­lung im Flächennut­zungsplan nicht zustimmt. Anderersei­ts hat die Stadt mit dem Planungsre­cht ein As im Ärmel. In diesem Wissen erlegt sie dem Investor die Pflicht auf, umfangreic­he Immissions- und Emmissions­schutzguta­chten zu erstellen – auch wenn er deshalb mächtig knurrt.

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FOTO: L. BERNS Der Ausriss aus einem vertraulic­hen Schreiben belegt: Der Investor baut eine Drohkuliss­e auf, um seine Pläne für die Eternit-Fläche zu forcieren.

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