Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Neue Weltlage birgt Risiken für die Wirtschaft
Beim Wirtschaftsforum diskutierten Experten über Folgen des Brexits und der Trump-Wahl in den USA
RHEIN-KREIS Die neue Regierung der USA unter Donald Trump und der Ausstieg Großbritanniens aus der EU haben auch Auswirkungen auf die Wirtschaft im Rhein-Kreis. Denn viele Unternehmen in der Region pflegen Wirtschaftsbeziehungen mit englischen und amerikanischen Firmen; einige Unternehmen – insbesondere im Kreis Neuss – sind zudem Teil amerikanischer oder englischer Konzerne.
„Die USA und Großbritannien zählen zu den Top-Handelspartnern und zu den Top-Investoren in unserer Region“, sagt Jürgen Steinmetz. Der Hauptgeschäftsführer des IHK-Bezirks Mittlerer Niederrhein ist einer von vier Experten, die ihre Einschätzungen jetzt beim Neusser Wirtschaftforum in der Pegelbar bei einer Podiumsdiskussion vor rund 250 Besuchern vortrugen. Zu den Fachleuten zählten außerdem Professor Paul Welfens, der Autor des Buches „Brexit aus Versehen“ist, der Neusser CDU-Vorsitzende und stellvertretende Bürgermeister Jörg Geerlings und Martin Kessler, der die Politik-Redaktion der Rheinischen Post leitet und als Moderator durch die Veranstaltung führte. Ausgerichtet wurde sie von der Konrad-Adenauer-Stiftung, einer Organisation , der sich unter anderem für die politische Bildung einsetzt.
Fest steht: Die tiefgründigen politischen und wirtschaftlichen Veränderungen, die sich jetzt durch die neue US-Regierung und durch den Brexit abzeichnen, stellen die deutsche Wirtschaft vor neue Herausforderungen. Besonders deutlich machen das Zahlen, die Jürgen Steinmetz gleich zu Anfang der Diskussionsrunde nannte: „Fast jedes zweite Unternehmen im IHK-Bezirk be- fürchtet durch die Brexit-Entscheidung einen Rückgang des Großbritannien-Geschäfts. 25 Prozent der Unternehmen befürchten nach dem Wahlsieg Donald Trumps einen Rückgang des US-Geschäfts.“In Bezug auf den Brexit sprach Geerlings von einem „unter strategischen Gesichtspunkten spannenden Prozess“, denn aus deutscher Sicht stehe Großbritannien auf Platz drei der für den Exporthandel wichtigsten Nationen.
Das Abstimmungsergebnis hat die EU geschwächt. Zudem nimmt der Populismus in der Staatengemeinschaft zu – aus Sicht vieler Unternehmensvertreter eine besorgniserregende Entwicklung. „In dieser historischen Situation bekommen die USA nun ein Glaubwürdigkeitsproblem“, sagte Paul Welfens, der unter anderem Präsident des Europäischen Instituts für internationale Wirtschaftsbeziehungen an der Uni Wuppertal ist.
Ein wichtiges Neusser Unternehmen, das seinen Hauptsitz in den USA hat, ist 3M. Der Multitechnologiekonzern will sich laut 3M-Manager Jürgen Germann jetzt gemeinsam mit anderen Großunternehmen direkt an einer Wirtschaftsdiskussion mit Trump beteiligen und mit dem Präsidenten ins Gespräch kommen, der nach seinem Motto „America first“vor allem die amerikanische Wirtschaft stärken will.
Mit Blick auf die ernste Lage der EU betonte Welfens die Bedeutung von Freihandel und Direktinvestitionen: „Die Dinge, die uns Wohlstand gebracht haben, müssen wir verteidigen.“Steinmetz schloss sich an: „Viele Unternehmen in der Region fürchten einen Fachkräftemangel. Auch ausländische Fachkräfte sind wichtig. Deshalb darf sich Deutschland nicht abschotten.“