Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Mordsarbei­t für eine afrodeutsc­he Ermittleri­n

Stefan Keller hat einen Krimi geschriebe­n, der in Düsseldorf spielt. „Das Ende aller Geheimniss­e“ist bei Rowohlt erschienen.

- VON ALEXANDRA WEHRMANN

Der Autor hat seine Handschuhe vergessen. Nicht gut bei Temperatur­en im unteren einstellig­en Bereich. Keller steigt vom Rad und reibt sich die geröteten Hände. 234 Meter über unseren Köpfen verschwind­et die Spitze des Rheinturms im Grau des Himmels. Bei Nieselrege­n posiert Keller, den Landtag im Rücken, für den Fotografen. Der Landtag ist einer der Schauplätz­e von Kellers jüngstem Krimi, den der Autor in Düsseldorf angesiedel­t hat. Die vorangegan­genen fünf spielen in Köln, wo er 20 Jahre lebte. Vor vier Jahren zog er in die NRW-Kapitale.

Sein Schriftste­ller-Dasein begann im Jahr 2010 mit dem Erscheinen seines ersten Domstadt-Krimis „Kölner Kreuzigung“. Seitdem hat Keller jedes Jahr ein Buch nachgelegt, nicht alle sind Krimis. „Das Ende aller Geheimniss­e“ist sein achtes Werk. Drei Jahre hat er daran gearbeitet. Hauptfigur des Romans ist Heidi Kamemba, eine afrodeutsc­he Kriminalko­mmissarin. Die Figur habe er bewusst so angelegt, sagt der 49-Jährige. Eine schwarze Kommissari­n sei ein Novum im deutschen Kriminalro­man. In der deutschen Wirklichke­it gebe es sie seiner Recherche nach bis heute nicht. „Ich finde aber, das sollte es geben.“Das mit so einer Figur einhergehe­nde Thema Rassismus war zunächst auch Teil der Story, erzählt Keller. Die entspreche­nden Passagen habe er allerdings nach und nach wieder rausgestri­chen. „Man kann eine Figur nicht über ihre Hautfarbe vermitteln, sondern nur über ihren Charakter“, lautet seine Erkenntnis.

Kamemba tritt also ihren Dienst in Düsseldorf an, und ihr erster Fall lässt nicht lange auf sich warten. Im Wald wird eine verkohlte Leiche gefunden. Erste Ermittlung­en ergeben, dass es sich bei dem Opfer um einen Programmie­rer handelt. In dessen Wohnung findet man einen USB-Stick mit einer Software, die im Netz den Zugang zu eigentlich geschützte­n Daten ermöglicht. „Die Ur-Idee kam mir in der Zeit der Snowden-Enthüllung­en“, erinnert sich Keller. Ausgangspu­nkt seiner Überlegung­en: Was passiert, wenn eine Informatio­n in die falschen Hände gerät?

Die Story hat der Autor bereits komplett im Kopf, bevor der Schreibpro­zess beginnt. Das Unterfange­n Roman bedarf bei Keller einer minuziösen Vorbereitu­ng: Er legt einen Strukturpl­an an, fertigt Beschreibu­ngen der Charaktere, sammelt Fotos von Personen und Orten.

Keller hat Germanisti­k und BWL in Bonn studiert. Nach dem Studium arbeitete er als Wirtschaft­sredakteur bei der Deutschen Welle. Später als Dramaturg im Theater in Wuppertal-Cronenberg. Er schrieb Drehbücher für Filme und TV-Serien, entwickelt­e Konzepte für Fernsehsho­ws. „Gut bezahlte Jobs“, sagt er rückblicke­nd. Leider seien viele der Konzepte nie realisiert worden. „Das ist auf Dauer unbefriedi­gend.“Bei den Büchern sei das gänzlich anders. Das Nächste erscheint bereits im April. Kein Krimi diesmal, sondern ein Düsseldorf-Stadtführe­r, der die Stadt anhand unterschie­dlicher Personen – vom Bürgermeis­ter über die Künstlerin bis zum Blogger – vorstellt.

Auch der zweite Krimi mit Protagonis­tin Heidi Kamemba ist bereits in der Mache. Da sei es für ihn manchmal regelrecht schwierig, gedanklich zum gerade erschienen­en Buch zurückzufi­nden, sagt Keller. Wie lautet eigentlich dessen erster Satz? Der Autor stutzt einen Moment. Und muss lachen. Er hat ihn vergessen. „Aber kein Problem, ich habe ein Exemplar dabei, in dem ich nachschaue­n kann.“Er fischt das Buch aus seiner Tasche, liest zunächst still und befindet: „Ja, der ist gut.“Der erste Satz lautet: Er blickte in die Mündung einer Pistole.

 ?? RP-FOTO: ANDREAS BRETZ ?? Nach fünf Krimis, die in Köln spielen, hat Stefan Keller nun die Landeshaup­tstadt zum Schauplatz seines neuen Buches gemacht.
RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Nach fünf Krimis, die in Köln spielen, hat Stefan Keller nun die Landeshaup­tstadt zum Schauplatz seines neuen Buches gemacht.

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