Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
„Schließung der Rennbahn macht keinen Sinn“
Alt-Bürgermeister Herbert Napp widerspricht seinem Nachfolger: „Ein Stück Geschichte unserer Stadt darf man nicht auslöschen.“
NEUSS Ein Bild sagt manchmal mehr als tausend Worte. In der Vorwoche zeigte die NGZ an dieser Stelle ein Foto von Herbert Napp (70) in einem römischen Streitwagen – aufgenommen anlässlich der Wiedereröffnung der Neusser Galopprennbahn im November 2009.
Das Bild und der dazugehörende Text über die drohende Schließung der Bahn ließen den Alt-Bürgermeister nicht ruhen: „Ich fühlte mich allein durch das Foto herausgefordert. Normalerweise melde ich mich selten oder nie zu Wort. Aber das ist auch für mich eine besondere Situation“, sagt Napp. Seit rund 50 Jahren sei er „mit der Rennbahn und dem Reiter -und Rennverein verbunden. Jahrelang waren die Galopprennen in Neuss die Sportveranstaltungen mit den meisten Besuchern. Das kann man nicht leugnen und allein schon dafür gebührt dem Rennverein großer Dank.“
Napp ist trotz dieses Lobs keineswegs entgangen, dass sich die Verhältnisse am Hessentor in den letzten Jahren krass zum Negativen verändert haben. Auch durch den (in seiner Amtszeit) beschlossenen Neubau des „Hauses am Rennbahnpark“– als Tribüne für eine Rennbahn allerdings kaum verwendbar. Obwohl der Architekt mit dem damaligen Geschäftsführer Bernd Koenemann angeblich zahlreiche Rennbahnen des europäischen Kontinents besucht haben soll. Für die Besucher gibt es nur wenige Gelegenheiten, die Rennen wie auf anderen Bahnen von einer Tribüne zu verfolgen. Eine Außen-Gas- tronomie wie auf der anderen Winterbahn in Dortmund gibt es nicht, von den anderen NRW-Bahnen in Köln, Düsseldorf, Krefeld und am Mülheimer Raffelberg ganz zu schweigen.
Der Rennverein ist durch die Verträge mit Neuss Marketing in diesem Fall machtlos. Dazu Herbert Napp, der während seiner Amtszeit auch zu „normalen“Renntagen auf der Bahn erschien und gern eine Wette platzierte: „Das Problem ist nicht die Gastronomie, sondern der Gastronom in der Tribüne. Ich habe gehört, dass sämtliche Versuche des Rennvereins für die Außengastronomie abgeblockt wurden.“
Napps Nachfolger Reiner Breuer (SPD) hatte in einem Interview mit der NGZ (Ausgabe vom 28. Januar) gesagt, eine Schließung der Galopprennbahn sei „kein so großer Verlust für diese Stadt“, unter anderem, weil nur noch wenige Neusser dorthin gehen würden. Herbert Napp widerspricht dem energisch: „Damit werden vorhandene Tatsachen ausgeblendet. Für den Rennverein haben sich die Bedingungen in den letzten Jahren sehr deutlich zum Schlechten verändert. Seine Leistungsfähigkeit wurde eingeschränkt. Daran kommt man doch nicht vorbei. Wir haben aber eine Infrastruktur für Galopprennen. Sogar die Grasbahn könnte wieder benutzt werden, wenn nachgebessert wird. Zudem muss die Frage erlaubt sein, was mit dem vorhandenen Rennbahngelände geschehen soll? Die Stadt ist zudem vertraglich verpflichtet, noch zehn Jahre lang die Hypotheken für den Bau der Sandbahn und der Flutlichtanlage zu zahlen. Es macht also überhaupt keinen Sinn, den Rennbetrieb einzustellen.“
Der Alt-Bürgermeister glaubt deshalb auch nicht an ein Ende des Rennbetriebs nach dem letzten Renntag der laufenden Wintersaison am 10. März: „Es gibt jetzt 141 Jahre Galopprennen in Neuss, ein Stück Geschichte unserer Stadt. So etwas kann und darf man nicht auslöschen. Das ist nicht nur meine Meinung. Viele Bürger haben mich nach dem NGZ-Interview angesprochen. Es muss dringend etwas geschehen mit der Gastronomie, dann werden sich auch die Neusser dort wieder treffen. Da bin ich ganz sicher.“
Erschwerend kamen zuletzt die vom französischen Mehrheitspartner diktierten Samstag-Abend-Termine hinzu. Doch von den Erträgen aus den Wetten in Frankreich werden weitgehend die Kosten für die Rennen in Neuss und Dortmund gedeckt. Immerhin: Das Finale am 10. März ist ein Freitag.