Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Die Qual der Wahl beim Kostüm

- VON STEFAN SCHNEIDER UND ELENA ERBRICH

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Gespräch in der Nachbarsch­aft über den nahenden Karnevalsh­öhepunkt. Gisela freut sich schon und ist ganz aus dem Häuschen. Nach der gelungenen Damensitzu­ng vor ein paar Wochen – Wahnsinn, welche tollen Bands da auf der Bühne standen! Und die Rede von Guido Cantz erst... – plant sie nun den Feier-Marathon an den jecken Tagen: Wo wird Altweiber gefeiert, welche Kneipe ist angesagt, wo läuft die beste Musik? Und wo gibt es beim Rosenmonta­gszug die meisten Kamelle? Vor allem aber: Welches Kostüm soll es sein? Die Piratin ist für drinnen super, aber für den Straßenkar­neval aus Temperatur­gründen gänzlich ungeeignet. Das flauschige Ganzkörper-Einhorn-Kostüm hingegen hält schön warm – aber wehe, man muss mal... Nachbarin Regine hört sich den wasserfall­artigen Monolog ungerührt an. „Was ziehst du denn an?“, fragt Gisela schließlic­h. „Meine dicke Jacke und ’ne warme Mütze“, antwortet Regine. „Wir fahren jedes Jahr über Karneval Ski.“arr NEUSS Die Zahlen sind alarmieren­d und werden an den bevorstehe­nden Karnevalst­agen, wenn die Ansteckung­sgefahr durch große Menschenan­sammlungen und das traditione­lle Bützen besonders groß ist, sicher noch steigen: Mehr als 200 Fälle der „echten“Grippe (Influenza) seien seit Jahresbegi­nn im Kreisgebie­t bereits gemeldet worden, berichtet Dr. Michael Dörr, der Leiter des Kreisgesun­dheitsamte­s. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2016 wurden im Rhein-Kreis Neuss 175 bestätigte Influenza-Erkrankung­en registrier­t.

Auch die Zahl der durch das Norovirus ausgelöste­n Brech-Durchfalle­rkrankunge­n ist in die Höhe geschnellt. Bis Mitte der vergangene­n Woche sei bei 168 Personen aus dem Kreis eine Norovirus-Infektion festgestel­lt worden. Das seien schon über 100 bestätigte Fälle mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres, teilt die Kreisverwa­ltung mit. Insgesamt waren dem Kreisgesun­dheitsamt 2016 exakt 509 Fälle von nachgewies­enen Norovirus-Infektione­n gemeldet worden.

Das Risiko, dass sich die Infektione­n über Karneval weiter „vermehren“werden, hält auch der Leiter des Kreisgesun­dheitsamte­s für sehr wahrschein­lich. Wer sich wirksam schützen wolle, dürfe eigentlich keine der närrischen Veranstalt­ungen besuchen. „Aber wir wollen mal die Kirche im Dorf lassen. Man kann schon einiges tun, um vorzubeuge­n“, sagt Dörr. Er rät zu vitaminrei- cher Kost, ausreichen­d Bewegung, zu Handhygien­e – und zum „richtigen“Niesen, in die Armbeuge, nicht in die Handfläche. Eine Grippeschu­tzimpfung macht aus Dörrs Sicht auch jetzt noch Sinn. „Im Moment grassiert vor allem der Influenza-Typ A in der sogenannte­n H3N2-Variante. Zum Schutz davor ist derzeit noch genügend Serum verfügbar“, sagt der Mediziner.

Einem Patienten des Neusser Allgemeinm­ediziners Dr. Walter Pater hat die Schutzimpf­ung nicht geholfen: Er liegt momentan im Krankenhau­s. „Die Impfung kann jetzt noch helfen, aber es kann auch sein, dass sich der Erreger schon verändert hat, und der Impfstoff nicht mehr hilft“, erklärt Pater. Sein Wartezimme­r ist derzeit voll. „Das ist aber jedes Jahr im Februar und März so“, sagt der Mediziner. „Die meisten haben eine Atemwegsin­fektion, ausgelöst durch Bakterien und nicht durch Viren. Da helfen dann Antibiotik­a.“Einige Patienten litten auch an Magen-Darm-Grippe.

Auch Christoph Napp-Saarbourg von der Einhorn-Apotheke stellt fest: „So schlimm wie vor ein paar Jahren ist diese Grippewell­e in Neuss nicht“, sagt er. „Aber diejenigen, die sie bekommen, liegen richtig flach. Das Virus ist deutlich stärker.“

Im Lukaskrank­enhaus sieht es dagegen anders aus. Dort gibt es derzeit 14 Fälle des Influenza-Typs A. In diesem Jahr gab es schon 66 Fälle, im gesamten letzten Jahr nur 43. „Es ebbt nicht ab“, stellt Ulla Dahmen vom Lukaskrank­enhaus fest. 19 Personen mit Norovirus seien seit Anfang Januar stationär aufgenomme­n worden. 2016 gab es insgesamt 124 Fälle. Auch im Johanna-Etienne-Krankenhau­s ist der Norovirus nicht so stark vertreten. „Die Influenzaf­älle sind aber im Vergleich zum Vorjahr gestiegen“, erklärt Pressespre­cherin Katharina Märkle. „Die Lage ist stabil. Wir gehen auf das Ende der Grippewell­e zu.“

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FOTO: DPA

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