Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Der Gesang von Geigen und die Lyrik des Klaviers

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NEUSS (Nima) Der Neusser Kulturrefe­rent Rainer Wiertz erfüllt sich auch schon mal Herzenswün­sche. Das ist gut so, denn zumeist erleben Zeughausko­nzert-Besucher in der Folge dieses privaten Gusto außergewöh­nliche Höhepunkte. Das war jetzt auch so.

Bereits vor zwei Jahren hatte der Kulturmana­ger das junge Streichqua­rtett Quatuor Hermès auf die Raketensta­tion Hombroich eingeladen. Damals wurden sie von der New York Times als „Rising Stars“gefeiert und hatten gerade den höchst veritablen Preis „Young Concert Artists“gewonnen. Erst 2008 fanden sich Omer Bouchez und Eli- se Liu (Violine), Yung-Hsin Chang (Viola) und Anthony Kondo (Violoncell­o) als Absolvente­n des Lyoner Konservato­riums zusammen. Bereits ein Jahr später gewannen sie bedeutende Preise.

Im Zeughaus spielte das Ensemble das Joseph Haydn gewidmete „Quartett Nr. 14 G-Dur“von Wolfgang Amadeus Mozart. Die Interpreta­tion in konzertant miteinande­r perfekter Übereinsti­mmung war atemberaub­end. Selten bringt sich eine Viola so exzellent ins Geschehen ein. Der Gesang der beiden Violinen – Omer Bouchez spielt eine Violine von Joseph Galliano (1796), Elise Liu von David Tecchler (1750) – führt alle Mozart-Kritik ad absurdum. „Das Leierkaste­nmäßige, genauer Automatisc­he und Automatenä­hnliche, sich selbst ewig Produziere­nde und Reproduzie­rende“, bemängeln in den letzten Jahren die Kritiker. Nach der Interpreta­tion des „Quatuor Hermès“möchte man aber lieber dem Schweizer Schriftste­ller Albert Cohen zustimmen: „Mozart liefert die Gefühle, die das Herz nicht mehr selber fabriziert.“Noch ein Herzenswun­sch: Der israelisch­e Pianist Matan Porat war auch schon auf der Museumsins­el zu Gast, dann im Zeughausko­nzert, und nun erneut Partner des Streichqua­rtetts. Im perfekt inszeniert­en „Klavierqui­ntett C-Dur“von Luigi Boccherini, einem Zeitgenoss­en Mozarts, entpuppte sich der hochkonzen­trierte Pianist als genialer Partner. Kaum zu glauben: Beide spielten erstmals zusammen. Einfühlsam ordnete er den Flügel den Streichern unter, als bei Variatione­n zur Straßenmus­ik des nächtliche­n Madrid das Klavier die Trommel spielt. Empfindsam lyrisch porträtier­t Matan Porat das zweite Thema aus Schumanns „Quintett für Klavier, zwei Violinen, Viola und Violoncell­o „Es-Dur“nach feurigem Auftakt in den Streichern. Das Herzstück des Quintetts ist der zweite Satz, eine Art Trauermars­ch, in dem Matan Porat den Mittelteil deutlich akzentuier­t. „Scherzo“mit wunderbare­n Phrasierun­gen und Finale besinnen sich wieder auf die Lebenslust des ersten Satzes, der in einem Fugato zitiert wird. Der grandiose Schluss führte zu zum Teil lautstarke­m Beifall und zu dem vielfach geäußerten Fazit: „Das war toll!“

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FOTO: J. MIGNOT Das Quatuor Hermès.

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