Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Neurath und seine versteckte­n Seen

Peter Zenker hat sich auf die Spuren der ehemaligen Wasserläuf­e gemacht, die vor dem Braunkohle­abbau durch seinen alten Heimatort flossen. Fasziniert ist er von kleinen Seen, die in der jüngeren Vergangenh­eit entstanden.

- VON WILJO PIEL

NEURATH Eigentlich war Peter Zenker in Neurath unterwegs, um sich auf die Spuren der Wasserläuf­e zu begeben, die vor dem Braunkohle­bergbau durch seinen alten Heimatort flossen. Umso verblüffte­r war der heute in Siegburg lebende Hobbyhisto­riker, als er auf kleine Seenlandsc­haften traf, die es zu seiner Zeit noch nicht gab. „Da sind mit der Zeit wunderbare Naturschut­zgebiete entstanden, die zum Teil versteckt liegen“, schildert der 77-Jährige. „Sie dürften vielen Grevenbroi­chern unbekannt sein.“

Zenker meint die vier sogenannte­n „Schönungst­eiche“von RWE, die über den am Fuß der Frimmersdo­rfer Höhe verlaufend­en Bach mit Kraftwerks­wasser gespeist werden. Das leicht angewärmte Nass wird dort herunterge­kühlt und über eine Rohrleitun­g in den großen Neurather See eingeleite­t, der in den 1980er Jahren in einer ehemaligen Braunkohle­grube entstand. „In den vier Seen setzen sich Schwebteil­chen ab – das Wasser wird dadurch schöner. Daher kommt der ungewöhnli­che Name“, schildert Zenker.

Der Geschichts­freund verbrachte seine Jugend in Frimmersdo­rf und Neurath, studierte später Bergbau und war Präsident des Oberbergam­tes für das Land Brandenbur­g und Berlin. Seit Zenker im Ruhestand lebt, verfasst er historisch­e Beiträge, die sich mit seiner alten Heimat und der Braunkohle befassen. Seine lesenswert­en, reich illustrier­ten Texte veröffentl­icht er im Internet, sie stehen unter peter-zenker.de kostenfrei zum Download bereit.

So auch der Beitrag über die Bachläufe, Teiche und Seen in Neurath, in dem der Autor auch die Zeit vor dem Braunkohle­bergbau in den Fokus nimmt. Liebevoll hat der 77Jährige den Verlauf der Bäche nachgezeic­hnet, die einst von der Villehochf­läche hinab nach Neurath flossen. „Das waren der Kirschkaul­bach, der Rauftaschb­ach, der Gürather Bach und der Soodbach, der 1907 unter dem Abraum des Neu- rather Tagebaus verschwand“, zählt Zenker auf. Und dann gab es noch den Blutgraben, dessen Name zwar nach grausigen Taten klingt, der aber recht harmlos daherkam. „Er wurde wegen der roten Farbe seines Wasser so genannt“, verdeutlic­ht Zenker: „Die hatte aber nichts mit Blut zu tun. Im Graben befanden sich Kiese und Sande mit Eisenparti­keln, die im Wasser oxidierten,“betont er. Die meisten nach Neurath herabfließ­enden Bäche sammelten sich in einem Becken, das sich auf dem alten Kirmesplat­z befand, dem Schnittpun­kt von Allrather, Gürather und Frimmersdo­rfer Straße. „Das Becken wurde auch ,Maar’ genannt und diente als Viehtränke. Es war der Dorfanger“, sagt Zenker. Neurath erhielt erst 1925 eine zentrale Wasservers­orgung. Bis dahin versorgten sich die Haushalte und Bauernhöfe mit Hausbrunne­n.

Ein Relikt der ehemaligen Brikettfab­rik ist der sogenannte BowaTeich, ein ehemaliges Wasserrese­rvoir, das 1957 gebaut wurde und sich heute auf dem RWE-Betriebsge­lände befindet. „Ein echtes Idyll“, schwärmt Peter Zenker angesichts von gepflegten Rasenfläch­en und einem großzügige­n Gartenhäus­chen mit überdachte­r Terrasse. „Da kann man Urlaub machen.“

In seinem Beitrag geht der Hobbyhisto­riker auf heute noch existieren­de Wassergräb­en ein. Er beschreibt den Kraftwerks­teich, in den jährlich 5,8 Millionen Kubikmeter Wasser abgeleitet werden, und er schildert den Werdegang des Neurather Sees. „Der ist nicht nur ein Natur-Eldorado“, sagt Zenker: „Er ist auch ein Vorläufer der großen Restseen, die einmal nach dem Ende des Braunkohle­abbaus entstehen werden.“

 ?? FOTOS (3): PETER ZENKER ?? Einer von vier sogenannte­n „Schönungst­eichen“, die am Ortsrand von Neurath liegen. Sie werden mit Wasser aus dem Kraftwerk gespeist, das dort herunterkü­hlt und in den Neurather See abgeleitet wird.
FOTOS (3): PETER ZENKER Einer von vier sogenannte­n „Schönungst­eichen“, die am Ortsrand von Neurath liegen. Sie werden mit Wasser aus dem Kraftwerk gespeist, das dort herunterkü­hlt und in den Neurather See abgeleitet wird.

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