Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Anweisen, abmahnen, abschalten

- VON HEINER BARZ

Im Herbst 2016 berichtete die FAZ , dass die Direktorin der Universitä­tsbiblioth­ek Düsseldorf vom Rektorat „an die Kandare genommen und gedemütigt“worden sei, um die Schrumpfku­r unserer herausrage­nden Forschungs­bibliothek zu beschleuni­gen.

Damit scheint sich ein Trend zu bestätigen, den Kollegen allenthalb­en beobachten. Wo früher in Gremien debattiert und um die richtigen Entscheidu­ngen gerungen wurde, regiert heute die Dienstanwe­isung. Es mag stimmen, dass die universitä­re Kollegialv­erwaltung öfter Entscheidu­ngen verhindert oder verwässert hat – und so verkrustet­e Strukturen am Leben hielt, die längst zur Dispositio­n hätten gestellt werden müssen. Das neue Machtbewus­stsein ohne jede Scham und Beißhemmun­g jedoch zeitigt so manche Merkwürdig­keit. Immer öfter etwa geistert als Lieblingsw­ort machtstolz­er Macher, das „Abschalten“durch Flure und Schriftsät­ze. Zuletzt wollten die Hochschul-Justitiare sämtliche Lernplattf­ormen und Semesterap­parate „abschalten“, weil es Streit um die neuen Urheberrec­htsabgeltu­ngen mit der VG Wort gab. Glückliche­rweise wurde dann doch die Frist für eine Verhandlun­gslösung verlängert. Elsevier, ein Global Player unter den ganz großen und offenbar auch ganz unverschäm­ten internatio­nalen Wissenscha­ftsverlage­n, hat ungefähr zur selben Zeit mit dem „Abschalten aller Zugänge“zum Jahresende 2016 gedroht, weil sich die Allianz der Wissenscha­ftsorganis­ationen seinem Preisdikta­t nicht beugen wollte. Dass das Internet bzw. das Abschalten der Zugänge ein wirksames Herrschaft­sinstrumen­t sein kann, macht seit Jahren Erdogans Türkei vor: Immer wieder werden dort Twitter, Facebook und Youtube abgeschalt­et – in den Kurdengebi­eten zeitweise gleich das ganze Internet. – Im noch jungen Jahr 2017 geistert durch unsere Philosophi­sche Fakultät das Schreckges­penst, dass irgendeine Stelle „dort oben“die Fakultätss­erver „abschalten“werde, wenn die Kollegen und Techniker vor Ort sich dem Zentralisi­erungs-Diktat der Chef-Etage nicht unterwerfe­n. Wie gesagt, Gremienuni­versität war gestern. Heute haben wir einen CIO, einen Chief Informatio­n Officer. Noch lautet allerdings § 27, Abs.1, des Hochschulg­esetzes NRW: „Die Dekanin oder der Dekan leitet den Fachbereic­h und vertritt ihn innerhalb der Hochschule.“Dort steht (noch?) nicht: „Der Dekan vertritt die Hochschull­eitung und setzt ihre Beschlüsse im Fachbereic­h durch.“

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