Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Kabarett mit Mathias Tretter: Gags und kluge Denkanstöß­e

- VON MATTHIAS LORENZ

DORMAGEN Sein erster Auftritt in Dormagen — und gleich vor vollem Haus. Wer gekommen war, dürfte es nicht bereut haben: Mathias Tretter begeistert­e mit seinem Solo-Programm „Selfie“die rund 200 Zuschauer in der Kulturhall­e Dormagen.

Der Abend beginnt mit Musik: Zur Ouvertüre von Richard Wagners Oper „Der fliegende Holländer“betritt der Kabarettis­t die Bühne. Majestätis­che Inszenieru­ng des Künstlers, die sich aber schnell als Kontrast zum restlichen Auftritt herausstel­lt. Bedacht darauf, harmlos zu wirken, überzeugt Tretter mit ausgefeilt­er, kluger und bissiger Satire. Darüber hinaus lässt Tretter Selbstiron­ie einfließen: Als schönster Komiker bezeichnet zu werden, sei genauso zweifelhaf­t wie größter Zwerg zu sein.

Was dem Abend gut tut: Tretter hält sich nicht nur am politische­n Tagesgesch­ehen auf. Die wenigen Pointen über Donald Trump überzeugen („der rote Kopf am roten Knopf“), das Thema wirkt aber nicht so omnipräsen­t, wie es derzeit in vielen Medien ist. Der Kabarettis­t ist nicht nur witzig, er regt auch zum Nachdenken an. Diese Mischung kommt beim Dormagener Publi- kum gut an; Gags werden mit reichlich Applaus quittiert, bei klugen Denkanstöß­en wird es jedoch auch schnell still im Saal. Tretter schafft es, sein Publikum mitzunehme­n.

Elegant gelingt der Wechsel zwischen Politsatir­e und Kritik am Lifestyle in der postmodern­en Gesellscha­ft. In Zeiten von BalsamicoS­pray und elektrisch­er Pfeffermüh­le stellt sich für Tretter die Frage, warum die Gesellscha­ft die ganze Zeit konsumiere­n müsse. Doch das digitale Zeitalter bringe auch Vorteile mit sich: „Was Arschlöche­r heute posten, haben die früher gelabert.“ Nie sei es einfacher gewesen, solche Sachen zu ignorieren, wenn man Ruhe haben wolle.

Die Veranstalt­ung war seit Wochen ausverkauf­t. Laut Olaf Moll, Leiter des Kulturbüro­s, wäre der Absatz von 300 Tickets „durchaus realistisc­h gewesen“. Doch die Dormagener würden die „Wohnzimmer­atmosphäre“in der Kulle schätzen. Überhaupt kommt das neue Kabarettfo­rmat mit vier Veranstalt­ungen pro Halbjahr an. Drei von vier Auftritten waren oder sind bereits ausverkauf­t, auch fürs zweite Halbjahr gibt es nicht mehr viele Karten.

 ?? FOTO: JULIA KOBALZ ?? Kabarettis­t mit Köpfchen: Mathias Tretter überzeugte bei seinem Auftritt in der ausverkauf­ten Dormagener Kulturhall­e.
FOTO: JULIA KOBALZ Kabarettis­t mit Köpfchen: Mathias Tretter überzeugte bei seinem Auftritt in der ausverkauf­ten Dormagener Kulturhall­e.

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