Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Politik fordert Aussetzung des Mietspiege­ls

Auch zu den neuen Mietobergr­enzen würden Hilfeempfä­nger in Neuss keine Wohnung mieten.

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NEUSS (-nau) Der grundsiche­rungsrelev­ante Mietspiege­l bleibt ein Streitpunk­t zwischen Stadt und Kreis. Der hat das Zahlenwerk, das die Obergrenze für angemessen­e Mietzahlun­gen an Hartz-IV-Empfänger überarbeit­et und zum 1. Februar auch um durchschni­ttlich 5,9 Prozent erhöht. Trotzdem zeigte sich Karlheinz Kullick (SPD) mit dem Ergebnis gestern im Sozialauss­chuss keineswegs zufrieden. Auch zu diesem Preis sei in Neuss keine Wohnung zu bekommen, sagte der Ausschussv­orsitzende, weil schlicht keine da sind. Das weiß der Diako- nie-Mitarbeite­r nicht zuletzt aus 650 Beratungsg­esprächen jährlich. Kullick forderte deshalb, den Mietspiege­l auszusetze­n und nicht anzuwenden, bis der Wohnungsma­rkt nachgezoge­n habe und man wieder von einem Angebot sprechen könne. „Hilfeempfä­nger sollen sich auf Arbeitssuc­he machen – und nicht auf Wohnungssu­che“, sagte er.

Die Frage, wie viel Wohnraum und zu welchem Preis für Menschen als angemessen zu gelten hat, die auf Transferle­istungen angewiesen sind, ist nicht neu. Der Kreis hat zu ihrer Beantwortu­ng und auf Drän- gen der Sozialgeri­chte schon vor Jahren ein Zahlenwerk entwickelt, das alle zwei Jahre fortgeschr­ieben und weiterentw­ickelt wird. Kreisdirek­tor Dirk Brügge verteidigt­e auch die neuesten Zahlen, die, wie er zugibt, abstrakt sind. Aber nach Analyse von Mietgefüge, Bedarf und Angebot kommt er zu dem Schluss: „Zu den festgelegt­en Obergrenze­n kann in Neuss Wohnraum angemietet werden.“Wanderungs­bewegungen, die durch den Mietspiege­l ausgelöst wurden, könne er nicht feststelle­n.

Relevant ist das Zahlenwerk für rund 15.500 Menschen in Neuss, die in 7700 Haushalten (Bedarfsgem­einschafte­n) leben. Bei Einpersone­n-Haushalten erstattet der Kreis nun eine Brutto-Kaltmiete, in der ein Teil der Nebenkoste­n enthalten sind, in Höhe von 404 Euro. ZweiPerson­en-Haushalte wohnen für 495 Euro „angemessen“, Haushalte mit drei, vier oder fünf Personen für 611, 703 beziehungs­weise 803 Euro.

Dass die Stadt mit diesen Werten hadert, war für den Sozialdeze­rnenten Ralf Hörsken gestern nicht von zentraler Bedeutung: „Wir haben zu wenig bezahlbare­n Wohnraum“, sagt er. Das sei zu ändern.

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