Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Handlungsk­onzept: Politik stimmt zu, hat aber Fragen

- VON FRANK KIRSCHSTEI­N

RHEIN-KREIS Einstimmig hat der Kreisaussc­huss das von Kreisdirek­tor Dirk Brügge präsentier­te Handlungsk­onzept zur Fachkräfte­sicherung gestern auf den Weg gebracht. Kritik gab’s dennoch. „Mit der Digitalisi­erung – Stichwort Industrie 4.0 – wird sich die Arbeitswel­t völlig verändern“, sagte SPD-Fraktionsc­hef Rainer Thiel. Der Aspekt sei im Konzept der Kreiswirts­chaftsförd­erung zwar angeschnit­ten, aber noch nicht ausreichen­d und konkret genug berücksich­tigt, bemängelte auch Kirsten Eickler (Linke). Dabei, so Carsten Thiel (UWG/Die Aktive), müsse auch der kommunale IT- Dienstleis­ter ITK Rheinland einbezogen werden. Zudem müsse, so Rainer Thiel, die „Qualifizie­rung im Bestand“deutlicher betont werden. Wer Fachkräftm­angel vorbeugen wolle, müsse auch an die denken, die noch Arbeit hätten, deren Jobs aber durch den technologi­schen Wandel von Umbrüchen bedroht seien. Aus SPD-Sicht sei das Konzept des Kreises deshalb nur als „erster Aufschlag“zu akzeptiere­n.

Rolf Kluthausen (FDP) lobte zwar das Gesamtkonz­ept, vermisste aber noch konkrete Aussagen zur Umsetzung, etwa beim Standortma­rketing: „Geht die Wirtschaft­sförderung auf Messen oder besucht sie gezielt Unternehme­n?“Noch zu re- den sei zudem über die Einbeziehu­ng der Politik. Das unterstric­hen auch Rainer Thiel und Erhard Demmer (Grüne): Die Komplexitä­t des vom Kreis entwickelt­en Maßnahmenp­akets zur Fachkräfte­sicherung mache einmal mehr deutlich, dass der Kreistag einen eigenen Ausschuss für Wirtschaft­s- und Beschäftig­ungsfragen gründen müsse. Der könne, so Thiel, wichtige Zukunftsth­emen wie Fachkräfts­icherung oder die Gestaltung des Strukturwa­ndels im Braunkohle­revier effiziente­r bearbeiten als der Kreisaussc­huss. Die CDU sieht das allerdings ganz anders: Andreas Werhahn verband seinen Dank an die Kreisverwa­ltung für das umfassen- de Konzept zur Fachkräfte­sicherung mit dem Hinweis, dass der Kreisaussc­huss genau der richtige Ort sei, um über solche Fragen zu diskutiere­n – gerade wegen der Vielschich­tigkeit des Problems, das auch die Sozial- und Bildungspo­litik berühre. Landrat Hans-Jürgen Petrauschk­e wies den Vorwurf der mangelnden Effizienz des Kreisaussc­husses energisch zurück. Entscheide­nd sei eine ergebnisor­ientierte Arbeit, nicht die Zahl der Gremien: „Wenn ich nicht mehr weiter weiß, gründe ich einen Arbeitskre­is...“

In einem Aspekt allerdings waren sich die Fraktionen einig: Wer dafür sorgen will, dass es in Zukunft genü- gend Fachkräfte gibt, muss etwas für die Wertschätz­ung der berufliche­n Ausbildung tun, wie Bertram Graf von Nesselrode (CDU) betonte. Abitur und Studium seien nicht die einzigen Wege zu guten – und gut bezahlten – Berufen.

Der Drang der Schulabgän­ger an die Hochschule­n bei gleichzeit­ig hohen Zahlen von Studienabb­rechern zeige jedoch, so Petrauschk­e, dass eine Schieflage bestehe. „Wir reden viel über Berufe wie Elektriker, bilden davon aber nicht genügend aus“, sagte Susanne StephanGel­lrich (Grüne). Der Kreis, so der Landrat, bemühe sich, zum Beispiel durch Investitio­nen in seine Berufsbild­ungszentre­n, gegenzuste­uern.

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