Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Kölner klagen über Partyzone an Karneval

Jecken strömen zu Karneval in das Viertel um die Zülpicher Straße. Gestern kamen weniger als sonst.

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KÖLN (emy) Horst Lemmen liebt den Karneval, gleichzeit­ig aber graut es ihm auch vor den närrischen Tagen. Der 76-Jährige wohnt an der Zülpicher Straße in der Kölner Innenstadt, zwischen Heinsberg- und Dasselstra­ße, im Studentenv­iertel „Kwartier Latäng“. Oder wie er es nennt: im Auge des Orkans.

Die Ecke in der Nähe der Universitä­t ist seit Jahrzehnte­n beliebt bei Feiernden. Nur kommen zum Auftakt der Karnevalss­ession am 11. November und an Weiberfast­nacht immer mehr Jecken. 25.000 Menschen waren es laut Polizeiang­aben am 11.11.2016. Die Zülpicher Straße ist dann für den Verkehr gesperrt, die Straßenbah­nen werden umgeleitet. Das Gedränge ist so dicht, dass man kaum hindurchko­mmt. Auch gestern war es voll, es kamen aber deutlich weniger als sonst. Bezirksbür­germeister Andreas Hupke führt das auf das Wetter zurück. „Es ist aber auch nicht auszuschli­eßen, dass der Karneval in Köln am 11.11. und auf Weiberfast­nacht ein Image-Problem hat und daher weniger Jecken kommen“, sagt er.

Denn Anwohner wie Lemmen berichten seit Jahren von schlimmen Zuständen und einer ausufernde­n Partyzone. Die Feiernden würden in Hauseingän­ge urinieren, sich übergeben, oder Pärchen würden intim werden. „Einmal habe ich auf dem Dachboden zwei erwischt, die dort ihr großes Geschäft verrichtet haben“, erzählt Lemmen. Deswegen kontrollie­rte er auch gestern häufiger, ob die Eingangstü­r des Mehrfamili­enhauses abgeschlos­sen war. Nachbarn hatte ihre Kellerfens­ter mit Plastikpla­nen abgeklebt.

Werner Kämper wohnt seit 40 Jahren am Rathenaupl­atz, im nördlichen Bereich der Zülpicher Straße. Vor wenigen Jahren sei die Stimmung in dem Viertel gekippt. „Es ist furchtbar“, sagt der 69-Jährige. „Die Menschen benehmen sich würdelos.“Von seinem Fenster aus behielt er gestern den Strom der Feiernden im Blick. Mehrfach schon sei an seinem Auto der Seitenspie­gel abgetreten worden. Nachbarn seien angepöbelt worden, als sie Betrunkene im Hausflur überrascht­en. An Schlaf sei wegen des Lärms bis zum nächsten Morgen nicht zu denken.

Polizei und Ordnungsam­t wissen um die Zustände. Es wurden zusätzlich­e Toilettenh­äuschen und mobile WC-Rinnen aufgestell­t. Glasflasch­en sind verboten. Entlasten konnten die Ordnungskr­äfte das Kwartier Latäng damit bislang aber kaum. „Es ist kein schöner Zustand“, weiß auch Peter Römers, Leiter der Polizeiwac­he Innenstadt. Zumindest gestern aber blieben die gewohnten Massen aus. „Ich bin sehr froh“, sagt Lemmen erleichter­t.

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FOTO: A. KRASNIQI Gedränge herrschte auf der Zülpicher Straße in Köln. Allerdings waren es weniger Jecke als zum Sessionsau­ftakt. Damals kamen 25.000 Menschen.

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