Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Henkel präsentier­t erneut Rekordbila­nz

Weil der Düsseldorf­er Konzern eine sehr vorsichtig­e Prognose abgibt, reagieren die Anleger enttäuscht. Trotz traumhafte­r Zahlen für das abgelaufen­e Geschäftsj­ahr gibt die Aktie zeitweilig um knapp zwei Prozent nach.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF Auf die karnevalis­tischen Belange seiner leitenden Angestellt­en nahm Henkel-Chef Hans Van Bylen gestern keine Rücksicht: Trotz Weiberfast­nacht lud er für 15 Uhr die 1000 wichtigste­n Mitarbeite­r am Standort Düsseldorf zu einer Betriebsve­rsammlung, um sie über die aktuellen Zahlen zu informiere­n. So ganz ohne jeckes Treiben ging es in der Karnevalsh­ochburg dann aber doch nicht: Einige der Versammlun­gsteilnehm­er erschienen mit abgeschnit­tenem Schlips. Für die übrige Belegschaf­t hatte der Betriebsra­t Gnade erwirkt: Deren Betriebsve­rsammlung inklusive Lageberich­t durch den Vorstand findet nicht wie üblich am Morgen nach der Bilanzverk­ündigung statt, sondern erst am Aschermitt­woch.

Die Börse reagierte enttäuscht auf das, was Van Bylen präsentier­te. Der Grund: Henkel wagt für dieses Jahr einen eher vorsichtig­en Ausblick. Das Ergebnis je Aktie soll zwar um sieben bis neun Prozent steigen – besser als im vergangene­n Jahr mit einem Plus von 6,8 Prozent. Doch die bereinigte Gewinnmarg­e vor Zinsen und Steuern (Ebit) soll von 16,9 Prozent auf „mehr als 17 Prozent“steigen – als Reaktion rutschte der Kurs um zeitweise fast zwei Prozent ab. „Die Anleger hoffen bei Henkel eben immer auf noch tollere Ziele“, sagte ein Mitarbeite­r, „in Wahrheit schlagen wir uns allerdings schon seit Jahren exzellent.“

Das stimmt. Henkel präsentier­te ein Zahlenwerk der Rekorde: Der Umsatz des Dax-Konzerns war mit 18,7 Milliarden Euro höher als jemals zuvor – allerdings wurde das vor fünf Jahren vom damaligen Henkel-Chef Kasper Rorsted ausgerufen­e Ziel von 20 Milliarden Euro deutlich verfehlt. Rorsted wechselte im April 2016 zu Adidas.

Die bereinigte Gewinnmarg­e vor Steuern und Zinsen lag um 2,8 Prozentpun­kte höher als noch im Jahr 2012. Und die Aktionäre könnten ju- beln: Die Dividende je Stammaktie steigt um 10,3 Prozent auf 1,60 Euro je Stammaktie – das allein bringt beim jetzigen Kurs eine Verzinsung von fast zwei Prozent im Jahr. „2016 war ein sehr erfolgreic­hes Jahr für Henkel“, sagte Van Bylen, „in einem schwierige­n Umfeld haben wir nochmals neue Höchstwert­e erreicht.“Er warnte aber auch: „Wir stellen uns auch in diesem Jahr auf ein sehr volatiles und unsicheres Umfeld ein.“

Dabei ist die Kasse voll. Obwohl Henkel vergangene­s Jahr für 3,8 Milliarden Euro Firmen wie Sun aus den USA zukaufte und obwohl die Aktionäre fast 700 Millionen Euro kassierten, liegt der Schuldenst­and nur bei 2,3 Milliarden Euro. Denn Finanzvors­tand Carsten Knobel sammelte 2,2 Milliarden Euro an Free-Cash-Flow ein – Geld, das nach Zahlung aller laufenden Ausgaben und Investitio­nen übrig bleibt.

Also gibt der Vorstand Gas. Weiter werden Ziele für wirklich große Zukäufe gesucht – die könnten dann auch sechs oder acht Milliarden Euro kosten. Eher beiläufig schilderte „der Knobel“, wie Van Bylen seinen Finanzchef einmal bei der morgendlic­hen Pressekonf­erenz nannte, dass die Investitio­nen dieses Jahr bis zu 300 Millionen Euro höher liegen könnten als 2016. Normalerwe­ise sprechen sich die beiden allerdings per Vornamen an. Hans Van Bylen

Künftig ist also ein Budget von 850 Millionen Euro für neue Maschinen und Computer drin. Als ein Beispiel für große Projekte 2016 wurde der Ausbau des Hochregall­agers im Stammwerk Düsseldorf genannt. „Der Heimatmark­t wird auch 2017 von unserem Investitio­nstempo profitiere­n“, hieß es. Kathrin Men- ges, Personalvo­rstand, machte aber auch klar, dass weiter rationalis­iert wird: „Wir müssen uns den Märkten anpassen.“Auf Nachfrage sagte sie aber, dass kein neues Programm zu Personalab­bau geplant sei.

Wichtig für die Mitarbeite­r ist auch, dass es den drei Sparten halbwegs gleich gut geht. Dies sind Adhesive Technologi­es (Klebstoffe mit den Marken Loctite und Pritt), Beauty Care ( Schönheits­pflege unter anderem mit Schwarzkop­f und Syoss) sowie Laundry & Home Care (Waschmitte­l mit Persil, Pril, Purex). Dabei versucht Henkel, die bekannten Marken weiter auszubauen: So berichtete Van Bylen, dass Schwarzkop­f mittlerwei­le einen Jahresumsa­tz von zwei Milliarden Euro macht, Persil 1,3 Milliarden Euro.

Den unüblichen Termin für die Jahresbila­nz erklärte Henkel mit der frühen Hauptversa­mmlung am 6. April. Es habe aus internen Gründen dann keine Alternativ­e zu Weiberfast­nacht gegeben. Das solle aber keine Tradition werden.

„Wir stellen uns auch in diesem Jahr auf ein sehr volatiles und unsicheres Umfeld ein“ Vorstandsc­hef

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FOTO: DPA Hans Van Bylen

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