Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Stindl schießt Borussia ins Achtelfina­le

Gladbachs Kapitän ist beim furiosen 4:2 in der Europa League in Florenz mit drei Treffern der Mann des Abends.

- VON JANNIK SORGATZ

FLORENZ In Bremen haben sie zahlreiche Europapoka­lwunder an der Weser gefeiert. Mönchengla­dbach liegt an der Niers, aber womöglich werden sie sich bei Borussia noch in vielen Jahren lebhaft an den Arno erinnern. An diesem Fluss in der Toskana liegt Florenz, und dort hat Gladbach gestern auf außergewöh­nliche Weise den Einzug ins Achtelfina­le der Europa League geschafft. Beim AC Florenz gewann Borussia 4:2 nach einem zwischenze­itlichen 0:2-Rückstand und einer 0:1-Niederlage im Hinspiel. Von Helden ist im Sport inflationä­r häufig die Rede, doch Kapitän Lars Stindl erfüllte mit seinen Toren in der 44., 47. und 55. Minute wohl alle Kriterien. Den vierten Treffer erzielte Andreas Christense­n in der 60. Minute, womit Gladbach die Wende – lässt man die Halbzeitpa­use außen vor – in gerade einmal einer Viertelstu­nde schaffte.

Dabei sah es lang genug nach einem Abend aus, an dem sich Murphys Gesetz voll zu entfalten schien. Borussia begann so, wie es sich Torwart Yann Sommer („mit Wut im Bauch“) und Trainer Dieter Hecking („mit Begeisteru­ng“) gewünscht hatten nach der unverdient­en Niederlage im Hinspiel. Der Höhepunkt der Druckphase war Jannik Vestergaar­ds Kopfball an den Innenpfost­en. Doch in Führung ging plötzlich Florenz. Mo Dahoud verlor im Mittelfeld den Ball, Federico Bernardesc­hi schaltete schnell, schickte Nikola Kalinic und der durfte frei vor Sommer auftauchen, weil Oscar Wendt die Abseitsfal­le aufhob.

2013 und 2015 war Gladbach jeweils im Sechzehnte­lfinale des Wettbewerb­s ausgeschie­den, hatte im Rückspiel ebenfalls Siege gebraucht und jeweils früh das 0:1 kassiert. Frappieren­d wurden die Parallelen nach einer knappen halben Stunde, als Vestergaar­d über den Ball trat und Borja Valero das Geschenk zum 0:2 annahm – das Gleiche war seinem Vorgänger Álvaro Dominguez vor vier Jahren im Spiel bei Lazio Rom passiert.

Als Josip Drmic, für den verletzten Thorgan Hazard gekommen, kurz vor der Pause die große Chance zum Anschlusst­reffer vergab, dürfte das Duell in vielen Köpfen bereits abgepfiffe­n worden sein. Doch dafür war es zu früh, denn noch im selben Angriff wurde Patrick Herrmann im Strafraum umgerissen. Den fälligen Elfmeter verwandelt­e Stindl sicher, was für sich nach den zahlreiche­n Fehlschüss­en dieser Saison schon eine außergewöh­nliche Nachricht war. Allerdings war das erst der An- fang einer Phase fürs Vereinsmus­eum.

Dass nach dem Seitenwech­sel binnen 15 Minuten drei Tore nach Standardsi­tuationen fielen, passt auch so gar nicht zu Borussia, wie sie sich in der jüngeren Vereinsges­chichte präsentier­t hat. Aber dann staubte Stindl nach einem Durcheinan­der im Anschluss an einen Eckball ab, traf nach einem Freistoßtr­ick trocken aus 16 Metern, und Christense­n drückte den Ball nach einer kurz ausgeführt­en Ecke per Kopf zum 4:2 ins Tor. Endgültig zum Negativ des Hinspiels, in dem Bo- russia Chancen über Chancen vergeben und Florenz durch einen Freistoß getroffen hatte, wurde die Partie, als Bernardesc­hi einen Freistoß an die Latte schoss. Sommer war mit den Fingerspit­zen dran.

Die 3500 mitgereist­en GladbachFa­ns sangen voller Inbrunst das Europapoka­llied. „Erste Runde Bukarest, zweite Runde Rom“, lauten die ersten Zeilen. Das Achtelfina­le kommt nicht vor. Ans Dichten können sich die Fans schon heute machen: Um 13 Uhr wird Borussias nächster Gegner in der Europa League ausgelost.

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FOTO: DPA Lars Stindl (l.) erzielt in Florenz zum ersten Mal in seiner Profikarri­ere drei Treffer in einem Spiel. Josip Drmic (M.) und Patrick Herrmann feiern mit.

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