Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

NRW-AfD wählt Pretzell-Gegner zum Spitzenkan­didaten

Rund 350 Delegierte des Landesverb­ands stellten in der Messe Essen ihre Kandidaten­liste für die Bundestags­wahl auf.

- VON JULIA RATHCKE

ESSEN Der entscheide­nde Wahlgang ließ lange auf sich warten. Nach sechs Stunden stand dann fest: CoLandesch­ef Martin Renner ist der NRW-Spitzenkan­didat der AfD für die Bundestags­wahl und hat im September große Chancen, in den Bundestag einzuziehe­n. Das ist nicht nur eine klare Niederlage für Landeschef Marcus Pretzell, sondern auch eine Zerreißpro­be für die Partei: Renner steht inhaltlich auf einer Linie mit Rechtsauße­n Björn Höcke – und betonte das bei seiner Wahl nochmals.

Rund 350 Delegierte des Landesverb­ands hatten sich am Wochenende im „Saal Europa“in der Messe Essen zusammenge­funden, um ihre Kandidaten­liste für die Bundestags­wahl aufzustell­en. Mit zehn Plätzen im neuen Bundestag rechnet die NRW-AfD trotz der aktuell sinkenden Umfragewer­te von acht Prozent. Pretzell mahnte zum Auftakt am Samstag einen „fairen Um- gang“und eine „menschlich­ere Ebene“an.

Martin Renner, 62, Privatier und Gründungsm­itglied der AfD, gibt sich in seinen Vorträgen gern politisch-philosophi­sch, inhaltlich allerdings deutlich rechtsnati­onal. Von einem Mitglied am Mikrofon angesproch­en auf den thüringisc­hen Landeschef Björn Höcke, lobte Renner den Inhalt von dessen Dresdner Rede, in der Höcke vom Holocaust-Mahnmal als „Denkmal der Schande“gesprochen hatte.

Nicht nur die fehlende Distanz zu dem Thüringer Landeschef dürfte Pretzell missfallen – gegen den Rechtsauße­n hatte er mit Ehefrau und Bundeschef­in Frauke Petry ein Parteiauss­chlussverf­ahren ins Rollen gebracht. Aber auch Renner hatte er loswerden wollen. Doch die Abwahlantr­äge gegen seinen CoChef beim Parteitag Ende Januar in Oberhausen scheiterte­n. Postwenden­d hatte Pretzell erklärt, ein gemeinsame­r Wahlkampf sei nicht vorstellba­r. Daran mochte er sich am Wochenende nicht mehr erinnern – als das knappe Ergebnis für Renner feststand.

Renners Gegner Kay Gottschalk von der Hamburger AfD, den Pret- zell ins Rennen geschickt hatte, präsentier­te sich als Versöhner: „Ich biete Neutralitä­t und auch einen menschlich­en Neuanfang“, sagte der 51-jährige Versicheru­ngskaufman­n. Dass Gottschalk mit 167 zu 179 Stimmen Renner unterlag, legte Landeschef Pretzell anschließe­nd als lebendige Demokratie aus: „Bei uns wird eben noch um die Posten gerungen, im Vergleich zu anderen Parteien“, sagte er. „Knappe Ergebnisse zeigen eine starke Demokratie“, ergänzte Renner.

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FOTO: DPA Martin Renner (62) erhielt 179 Stimmen.

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