Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Die Diamanten von Nizza
Sie sollten sich nicht zu früh freuen. Der Abriss geht immer schneller voran als der Aufbau. Aber sagen Sie – wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit Coco?“Wie sowohl Sam als auch Elena beteuerten, waren die ersten Eindrücke sehr gut. Elena war besonders beeindruckt von Cocos Liebe zum Detail und ihrer Gabe, langweilige, aber wichtige Aufgaben wie die Wahl des richtigen Standorts für den neuen Klärbehälter und die wirksamste Verteilung der Alarmsensoren in den Griff zu bekommen. Weniger langweilig, jedoch gleichermaßen wichtig waren die Ratschläge, die sie ihnen erteilt hatte.
„Wenn man das Badezimmer miteinander teilt, ist der Ärger geradezu vorprogrammiert“, lautete die erste durchdachte Empfehlung. „Sie sollten beide ein eigenes Bad haben. Und Elena braucht eine Küche, die zweckmäßig ist. Keine Hochschränke, sondern nur Unterschränke mit Schubfächern, in denen man findet, was man sucht, ohne etwas hin und herzuräumen. Zwei Geschirrspülmaschinen; eine allein für Gläser, damit sie keine Schmierflecken bekommen, und beide auf Brusthöhe eingebaut, damit man sich zum Beund Entladen nicht bücken muss. Diese Einzelheiten mögen banal erscheinen, aber sie sind wichtig.“
Elena war offenbar in der Stimmung, Cocos Ideen und Vorschläge für den Rest des Hauses zu schildern, doch Reboul hob die Hand irgendwo zwischen Schlaf- und Wohnzimmer. „Wie ich sehe, hat sie sich keinen Deut geändert“, warf er lächelnd ein. „Sie hat den Leuten schon immer gerne gesagt, was sie tun und lassen sollten.“
„Aber sie weiß, wovon sie redet“, gab Elena zu bedenken. „Was soll ich sagen? Bisher ist alles bestens.“
Hoffentlich bleibt das auch so, dachte Reboul, der sich an die endlosen und oft frustrierenden Besprechungen mit seinem Architekten während der Renovierung von Le Pharo erinnerte. 10. KAPITEL Unterdessen hatten die Fitzgeralds ihre Suite im Plaza Athénée in Beschlag genommen. Das war Kathys liebste Luxusherberge in Paris, nicht nur wegen der Eleganz, mit der hier die illustren Gäste verwöhnt wurden, sondern auch wegen der Nähe zu den Verlockungen der Avenue Montaigne. Jeden Morgen pflegte sie nach einem leichten Frühstück und ein paar Fitnessübungen mit ihrer persönlichen Trainerin Roberta („Sie können Bobby zu mir sagen“), zu einer Einkaufstour durch die Nobelboutiquen aufzubrechen, die AmericanExpress-Karte erwartungsvoll gezückt, und die Stunden bis zum Lunch mit Auswahl, Anprobe und Kauf der ihrer Ansicht nach unerlässlichen Ausrüstung für einen lässigen französischen Sommerlook zu verbringen: Panamahüte, Badesachen, die eine oder andere Handtasche und eine handverlesene Kollektion der angesagten Strandschmuckstücke. Das hatte sie sich in den letzten zwei oder drei Jahren zur Gewohnheit gemacht, und daher war sie vielen Verkaufsassistenten entlang der Modemeile bekannt; und nicht nur bekannt, sondern auch äußerst beliebt, da sie über ein beinahe grenzenloses Budget zu verfügen schien.
Fitz, ihr Ehegespons, hatte nicht lange gebraucht, um zu entdecken, dass er weder das Durchhaltevermögen noch das Interesse am Hochleistungsshoppen besaß; er verbrachte den Morgen lieber allein in der gemeinsamen Hotelsuite mit einer Zigarre und seinem iPad, um seine Geschäftsinteressen rund um den Globus zu pflegen. Am Ende des Vormittags wollte er sich mit Kathy zum Mittagessen treffen. Heute hatten sie eine Einladung zum Lunch. Sie stammte von Alex, Cocos Vater, der in ein paar Tagen an die Côte d’Azur weiterreisen würde. Coco hatte gedacht, dass es den Fitzgeralds gefallen könnte, ihn vorab heimlich, still und leise kennenzulernen, bevor sie alle in den unvermeidlichen gesellschaftlichen Strudel gerieten.
Als sie im ankamen, wurden sie zu einem Tisch geführt, an dem ihr Gastgeber bereits auf sie wartete. Ein untersetzter Mann Ende sechzig, der im maßgeschneiderten Anzug eine gute Figur machte, besaß Alex den gleichen dunklen Teint wie seine Tochter und, wie rasch offenkundig wurde, auch ihren Charme. Er machte ein großes Aufheben um die Fitzgeralds und vergewisserte sich, dass sie sich rundum wohlfühlten.
„Auf Cocos Klienten, die Fitzgeralds. Wenn nur alle so wie Sie wären!“Mit diesem Startschuss kam die Unterhaltung leicht in Gang. Die beiden Männer tauschten erst einmal ausgiebig dezente Hinweise auf ihre Statussymbole aus. Fitz erwähnte beiläufig seine Rennpferde und eine Wohnung am Central Park South; Alex konterte mit einer Sammlung impressionistischer Gemälde und einer Villa in Thailand. Auf diese Weise versicherten sich beide, dass es sich um eine Begegnung auf Augenhöhe handelte. Kathy erzählte Coco später, dass sie sich wie eine Zuschauerin vorgekommen sei, die zwei Tennisprofis beim Aufwärmen beobachtet.
Bistrot de Paris
Zu dem Zeitpunkt, als der Kaffee serviert wurde, hätte ein außenstehender Beobachter sie für drei langjährige Freunde halten können. Sie vereinbarten ein abermaliges Treffen an der Küste. Alex musste
das Haus auf Cap Ferrat sehen, weshalb Coco und er
zum Abendessen kommen mussten. Als sich ihre Wege draußen vor dem Restaurant trennten, hatten alle das Gefühl, dass es eine höchst angenehme und lohnenswerte Begegnung gewesen sei.
Kathy erstattete Coco noch am selben Nachmittag telefonisch Bericht. „Ihr Vater ist so charmant. Und Fitz mochte ihn – ist das nicht fantastisch? Wir werden uns also alle wiedersehen, wenn wir unten sind.“
Nachdem Coco die angemessenen Laute der Begeisterung von sich gegeben hatte, wandte sich die Unterhaltung dem Fest zu, das die Fitzgeralds zu geben beabsichtigten: Von herausragender Wichtigkeit war natürlich die Gästeliste. Coco hatte die Namen und Kurzbeschreibungen von rund einem Dutzend Paaren zusammengestellt, die sich der Gruppe der alten amerikanischen Getreuen auf der bestehenden Liste hinzugesellen könnten. Einige von ihnen gehörten, was nicht weiter verwunderlich war, zu Cocos Klienten. Sie hatte beschlossen, Elena und Sam einzubeziehen, deren Qualifikationen – das richtige Alter, amüsant und des Englischen mächtig – untadelig waren. Kathy war über diesen Vorschlag entzückt und sie kamen überein, dass sie sich mit Coco zu einem sogenannten Arbeitsessen zusammensetzen würden, sobald Fitz und sie auf Cap Ferrat eingetroffen wären.
(Fortsetzung folgt)
dingt dingt unbe- unbe-