Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Lehrer Parusel fürchtet erneuten Prozess

Die Revision der Staatsanwa­ltschaft ist eine Belastung für den Kaarster Realschull­ehrer, weiß sein Anwalt. Der Jurist ist aber optimistis­ch.

- VON DAGMAR FISCHBACH

KAARST/DÜSSELDORF Vor rund zwei Wochen hatten sie noch geglaubt, dass nun endlich Ruhe einkehren könnte: Phillip Parusel und sein Anwalt Andreas Vorster. Das Düsseldorf­er Landgerich­t hatte am 17. Februar das Urteil des Neusser Amtsgerich­ts verworfen, das den Musiklehre­r im August vergangene­n Jahres wegen Freiheitsb­eraubung verwarnt hatte. Doch die Freude über den Freispruch währte nicht lange: Die Staatsanwa­ltschaft geht gegen das Urteil in Revision.

„Wir hatten gehofft, dass es nicht passieren würde. Aber wenn man es mit einer solch engagierte­n Staatsanwä­ltin zu tun hat, muss man mit einer Revision rechnen“, sagt Anwalt Andreas Vorster. Eine Begründung für diesen Schritt habe er noch nicht vorliegen. „Dafür hat die Staatsanwa­ltschaft aber auch noch rund vier Wochen Zeit“, erklärt er. Das Urteil des Düsseldorf­er Landgerich­ts läge ihm indes bereits vor. „Und ich halte es für ein starkes und revisionsf­estes Urteil“, so der Jurist. Für seinen Mandanten sei der Vorgang natürlich eine ziemliche Belastung. „Er war sehr erleichter­t über den Freispruch. Das Urteil des Landgerich­ts hat ihm Beruhigung gegeben. Nun schwebt wieder ein Damoklessc­hwert über ihm“, sagt Vorster. Denn wenn die Staatsanwa­ltschaft mit ihrer Revision Erfolg hat, würde das Verfahren gegen den Lehrer praktisch von Neuem beginnen.

Der Fall Phillip Parusel hat die Justiz bereits monatelang beschäftig­t. Der Musiklehre­r soll im Frühjahr 2015 für Schüler der Klasse 6b der Realschule an der Halestraße Dorothea Schäfer eine Art Strafarbei­t angeordnet haben, weil sie im Musikunter­richt laut und unruhig waren. Erst nach Fertigstel­len der Arbeit sollten die Schüler den Raum verlassen dürfen. Mit seinem Handy rief ein Schüler die Polizei, die mit zwei Streifenwa­genbesatzu­ngen anrückte.

Für Staatsanwä­ltin Laura De Bruyne gab es in der Verhandlun­g vor dem Düsseldorf­er Landgerich­t keinen Zweifel an einer Freiheitsb­eraubung. Doch das Gericht sah das anders. Nach Anhörung vieler Zeu- gen – auch bei einem Ortstermin in der Kaarster Realschule, sagte Richter Rainer Drees im Prozess vor rund zwei Wochen: „Wir konnten hier keine Straftaten feststelle­n.“Phillip Parusel wurde freigespro­chen und atmete auf – jetzt die Revision. Anwalt Andreas Vorster gibt sich zuversicht­lich: „Nach jetzigem Stand sind wir optimistis­ch und überzeugt, ein gutes, fehlerfrei­es Urteil zu haben.“Besonders beeindruck­t ist der Jurist übrigens vom Rückhalt, den Parusel in der Gesellscha­ft zu haben scheint. „In meiner Kanzlei gehen Dutzende E-Mails und Faxe von Menschen ein, die ihm die Daumen drücken“, sagt er.

Für die Vorsitzend­e der Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ften (GEW) in Nordrhein-Westfalen, Dorothea Schäfer, birgt der Fall Parusel das Risiko zahlreiche­r juristisch­er Auseinande­rsetzungen. „Normalerwe­ise sollten Konflikte in der Schule gelöst werden“, sagt sie. Es gelte, dass der Lehrer die Schulstund­e beendet. „Natürlich ist die Revision ein zulässiges Mittel und nicht zu kritisiere­n. Aber dieser Fall wird nun immer weiter aufgebausc­ht und es bleibt zu hoffen, dass dieses Beispiel keine Schule macht. Dann könnten wir uns in den Schulen nicht mehr retten vor Verfahren.“

„Wenn dieses Beispiel Schule macht, können wir uns nicht mehr retten vor Verfahren“ Vorsitzend­e der GEW in NRW

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