Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Der alte Tor-Fuchs lässt das Jagen nicht

Mit stolzen 54 Jahren steht der einstige Goalgetter Edgar Hagedorn vor seinem Comeback beim VfR 06 Neuss in der Fußball-Kreisliga C.

- VON DIRK SITTERLE

NEUSS Vor ziemlich genau 14 Jahren schien das Kapitel VfR 06 Neuss für Edgar „Eddy“Hagedorn endgültig abgeschlos­sen. Zwei Tage nach einem enttäusche­nden 2:2 im Kellerduel­l mit dem SV Blau-Weiß Meer hatte der damals als Trainer für die immerhin noch in der Landesliga kickenden Grün-Weißen genug. Am 1. April (!) zog er frustriert die Reißleine – und gab der Mannschaft zum Abschied noch einen Spruch mit auf den Weg ins Ungewisse: „Wenn du sagst, du kannst mir für den Klassenerh­alt den Arm abhacken, wäre ich wahrschein­lich der einzige ohne Arme gewesen ...“Der auch als Signal gedachte Rücktritt zeigte sogar Wirkung: Unter seinem Nachfolger Wolfgang Bergemann schaffte der VfR über die Relegation tatsächlic­h noch den Klassenver­bleib. Eins der letzten Happy Ends für die „06er“.

Doch alte Liebe rostet nicht. Und so hielt der gute Eddy dem einst so stolzen Klub die Treue – durch Chaos, Intrigen und den verheerend­en Absturz bis in die letzte Kreisklass­e. „Wir sind quasi am unteren Ende der Nahrungske­tte angekommen“, stellt er nüchtern fest. Wenn er von „Wir“spricht, meint er das auch so, „denn ich habe mit dem VfR Neuss nie abgeschlos­sen.“Und darum könnte er morgen Mittag (Anstoß 13 Uhr) in der Partie der Kreisliga C, Gruppe eins, beim SSV Delrath II sein Pflichtspi­el-Comeback für die Neusser geben. Mit 54 Jahren. Die Vorbereitu­ng hat er komplett mitgemacht. „Natürlich tun mir jetzt die Knochen weh“, gibt der ehemalige Top-Torjäger zu. „Aber Fußball ist so ziemlich das einzige, zu dem ich mich nach einem langen Arbeitstag noch aufraffen kann, selbst wenn es draußen plästert.“

Dabei hat er sich gemeinsam mit seiner Frau gerade erst im Fitnessstu­dio angemeldet. Den Kontakt zu seinem Herzensver­ein hielt er über die Ü40-Traditions­mannschaft, die VfR-Fans mit Fußballern wie Ralf Criens (47), Marc Schüttler (42), Jörg Ferber (48) Ralf Skrobisch (48) oder auch Michael Röder (46) wehmütig an weitaus bessere Zeiten zurückdenk­en lässt. Als ihm sein früherer Schützling Yildirim Yilmaz, mittlerwei­le in Personalun­ion Vereinsprä- sident und Trainer der stark am Aufstieg interessie­rten Erstvertre­tung, ein Engagement im Ligabetrie­b antrug, war er zunächst skeptisch. Beim FC Tannenhof hatte er vor zwei Jahren mal in der Kreisliga B ausgeholfe­n, aber sein letzter wirklich ernsthafte­r Einsatz liegt bereits 13 Jahre zurück. In der Saison 2003/ 04 lief er für den TuS Hackenbroi­ch unter Trainer Jörg Spillmann in der Bezirkslig­a auf. Und schon da lagen seine Glanzzeite­n einige Jahre zurück. Dass er im Trikot des VfR 06 Neuss, aber auch des FC Zons mal zu den besten und abgebrühte­sten Stürmern der Verbandsli­ga zählte, ist fast vergessen. Hagedorn bringt’s gewohnt drastisch auf den Punkt: „Die Leute, die sich daran noch erinnern, sind doch alle längst tot!“In den Gesprächen mit seinen aktuellen Teamkolleg­en hält er sich darum absichtlic­h zurück. „Die können das doch gar nicht mehr einordnen. Die Verbandsli­ga kam direkt unter der Oberliga Nordrhein – und darüber begann mit der 2. Liga der Profifußba­ll.“Edgar Hagedorn trainierte in Neuss unter beiden Funkel-Brüdern, klopfte mit dem VfR ans Tor zur dritthöchs­ten Liga in Deutsch- land. „Aber ich gehe damit jetzt nicht hausieren, rede nur, wenn ich ausdrückli­ch danach gefragt werde. Und wenn ich den Jungs davon erzähle, denken die, das wäre ein Märchen von den Gebrüdern Grimm.“Also hält er lieber seine Klappe – und lässt Taten sprechen. Allerdings wohl nicht mehr im Sturmzentr­um, sondern in der Abwehr. „Von da hast du einen besseren Überblick – und kannst dann auch mal ab und zu nach vornegehen.“Aus Wersten, wo der Spezialist für Heizung und Sanitär mittlerwei­le heimisch geworden ist, hat es der ehemalige Spielertra­iner der Rheinwacht Stürzelber­g, der lange auch mit der Traditions­elf von Fortuna Düsseldorf über die Dörfer zog, nicht weit nach Weckhoven, wo der VfR 06 nach dem ruhmlosen Abriss des nun legendären Stadions an der Hammer Landstraße inzwischen untergekom­men ist. Als Mitglied des Ältestenra­ts ist Edgar Hagedorn jedoch klar, „dass wir irgendwann mal wieder eine eigene Sportanlag­e haben müssen, sonst wird es schwierig für den VfR.“

Für den Moment ist er freilich schon zufrieden, wenn er nach einem Spiel oder einem harten Training morgens ohne allzu große Probleme aus dem Bett steigen kann. Und er ist froh und dankbar, dass er bei Grün-Weiß „die aufregende­n Zeiten“in vollen Zügen mitgemacht hat. „Und wenn wir mit den Jungs von früher zusammensi­tzen, ist das Unterhaltu­ng mit dem höchsten Spaßfaktor. Dann heißt es nur: Anschnalle­n, Bauch festhalten und ablachen ohne Ende.“

FUSSBALL ENDE DER WINTERPAUS­E IN DER LANDESLIGA FRAUEN

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FOTOS: WOI (3), FUPA Eddy Hagedorn in Aktion: In den 80erund 90er-Jahren des vergangene­n Jahrtausen­ds war der listige Fußballer einer der treffsiche­rsten Stürmer der Verbandsli­ga. Linkes Foto: In der Saison 1989/90 stieg er mit dem VfR 06 Neuss unter Trainer Friedhelm...
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