Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Wenn der weniger Schlechte gewinnt
Fleißige Menschen haben ausgerechnet, dass seit der Einführung der Drei-Punkte-Regel in der Bundesliga 1995 der erste Nichtabsteiger am Saisonende im Schnitt 35,9 Punkte gesammelt hatte. Dieses Jahr dürften 36 Punkte indes wohl kaum reichen, um als 15. den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Wolfsburg steht dort neun Spieltage vor Schluss mit 29 Zählern. Hinauf bis mindestens zu Schalke (33 Punkte) reicht die Gesellschaft der bedrohten Erstligavölker. Wenn es also so schwierig ist wie selten, die Klasse zu halten, ist die Liga demnach stark wie nie? Mitnichten.
Denn welche Teams überraschen bislang positiv? Hoffenheim und Freiburg. In der Hinrunde Leipzig, Frankfurt und Hertha. Vielleicht noch Köln, obwohl hier das Abschneiden letztlich der nächste, erwartbare Schritt einer positiven Entwicklung ist. Und welche Teams stehen im Gegensatz dazu schlechter da als gedacht? Dortmund, Gladbach, Leverkusen, Schalke, Wolfsburg – allesamt Top-Teams der Liga, die Saisonziele und mehr in Gefahr wissen. Aus diesem Mix aus Überraschungen und Enttäuschungen kommt eine Liga heraus, die zuweilen seltsam belanglos wirkt. Klammert man die Bayern aus, kann jeder jeden schlagen, vornehmlich jedoch, weil der eine in der Regel weniger schlecht ist als der andere. Nicht besser. Und vor allem nicht konstant.
Von vielen Spieltagen bleiben Geschichten von haltlosen Handelfmetern, spritzigen Sprüchen oder plumpen Personalentscheidungen hängen. Aber wie oft ist es eigentlich noch die Summe guter Spiele, die hängen bleibt? Das Freitagabendspiel ist von der Ansetzung her oft blass. Das vermeintliche Top-Spiel am Samstagabend ist oft genug eine Mogelpackung, weil die Top-Teams nur eine maximale Anzahl von Samstagabendspielen aufweisen sollen. Diesmal durften so Frankfurt und der HSV ran, und sie wiesen bei Abpfiff eine Passquote von je knapp über 50 Prozent auf. Fast jeder zweite Pass war also ein Fehlpass.
Noch strömen die Fans in Massen in die Stadien und vor die Fernseher. Aber es gibt erste Anzeichen bei TVQuoten und Stadionauslastungen, die eine Übersättigung skizzieren. Die Bundesliga ist ein PremiumProdukt. Aber sie ist beileibe nicht immer so gut, wie sie meint.