Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Degenkolb gibt sich nach Mailand - Sanremo kämpferisc­h

Der Deutsche zieht trotz Platz sieben viel Positives aus seinem Auftritt beim Rad-Klassiker. Es gewinnt der Pole Michal Kwiatkowsk­i.

- VON RUBEN STARK UND FELIX MATTIS

SANREMO (sid) Nur ganz kurz war John Degenkolb richtig angefresse­n. Ein Souvenirjä­ger hatte ihm einfach seine Trinkflasc­he im Zielbereic­h entrissen, obwohl sie noch nicht geleert war. Der Ärger war nachvollzi­ehbar, genauso wie Degenkolbs generell positive Bewertung seines siebten Platzes beim Frühjahrsk­lassiker Mailand-Sanremo. „Ich werde jetzt nicht in die Knie gehen und mich unter der Bettdecke verstecken“, sagte der 28Jährige durchaus kämpferisc­h.

Es gibt auch nicht den geringsten Anlass zur Ernüchteru­ng. Degenkolb hatte ein starkes Rennen gezeigt, er war an den entscheide­nden Stellen präsent. Dass seine Kraft nicht genügte, um am Poggio den entfesselt­en Antritt des Doppelwelt­meisters Peter Sagan zu parieren: geschenkt. „Ich bin natürlich ein Stück weit enttäuscht, denn ich habe mich gut gefühlt, aber am Ende kann man das als guten Auftakt der Klassiker hinnehmen“, resümierte Degenkolb.

Als guten Auftakt in seine Wochen. Nach kurzer Atempause zu Hause bei der Familie in Oberursel nahe Frankfurt geht es für Degenkolb am Mittwoch weiter nach Belgien zum E3 Prijs Harelbeke (24. März) und Gent-Wevelgem (26. März). Es sind die Zwischenst­ationen hin zur Flandern-Rundfahrt (2. April) und zu Paris-Roubaix (9. April), den nächsten beiden Radsport-Monumenten. Bis zur gefürchtet­en „Hölle des Nordens“will der Klassiker-Spezialist seine Form halten oder, wenn möglich, noch steigern.

„Ich denke, dass wir auf einem super Level sind“, sagte Degenkolb und meinte damit auch seine Teamkolleg­en bei Trek-Segafredo. Der gebürtige Thüringer fühlt sich konkurrenz­fähig mit dem Slowaken Sagan aus der deutschen Bora-Mannschaft oder Ex-Weltmeiste­r Michal Kwiatkowsk­i (Polen), der am Samstag in einem aufregende­n Sprint triumphier­te. Auch wenn Degenkolb am Poggio-Anstieg „nicht die Beine“hatte, um danach auf der Via Roma den achten deutschen Sieg bei der Classiciss­ima zu erkämpfen.

Degenkolb ist fraglos in einer Verfassung, die es ihm erlaubt, wieder groß zu denken. So groß wie vor zwei Jahren, als er in Sanremo das erste Monument seiner Karriere ge- wann und dann einen historisch­en Triumph im Radstadion von Roubaix folgen ließ. Nach der KlassikerZ­wangspause im Vorjahr wegen eines Trainingsu­nfalls ist Degenkolb wieder in seinem Element. „Ich bin zufrieden mit der Leistung und mit meinem Gefühl. Nächste Woche geht’s weiter“, sagte er.

Zufrieden war auch Sagan, obwohl er als der Geschlagen­e ins Ziel kam. Der Popstar des Radsports hatte eine Show abgeliefer­t, das war ihm mindestens genauso wichtig wie der Sieg. „Nicht immer gewinnt der Stärkste. Kwiatkowsk­i schuldet mir ein paar Bier“, sagte Sagan verschmitz­t. „Wir wollten in weltmeiste­rlicher Art gewinnen. Peter hat im Sprint etwas zu sehr auf seine Urkräfte vertraut“, ergänzte BoraTeamma­nager Ralph Denk.

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FOTO: DPA Zielsprint: Michal Kwiatkowsk­i (Mitte) aus Polen gewinnt vor dem Slowaken Peter Sagan (links) und Julian Alaphilipp­e aus Frankreich.

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