Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Held aus dem Hinterland
Roman Dominic Molise heißt ein segelohriger Junge aus dem Hinterland, und man sollte sich den Namen merken, denn Molise wird einmal Baseball-Profi, vielleicht der größte überhaupt. Zumindest glaubt er das, und darum reibt der 17-Jährige, dessen Familie aus Italien stammt, seinen linken Wurfarm Tag für Tag mit stinkendem Öl ein. Mit diesem Arm will er es in Amerika schaffen. Dominic Molise ist der Held in John Fantes Roman „1933 war ein schlimmes Jahr“, und wahrscheinlich ist er bloß ein Träumer, aber einer, der sich nicht kleinkriegen lässt. Weder vom bitterkalten Winter im US-Bundesstaat Colorado, noch von der Armut, in der er aufwächst, das ganze Land leidet am Börsencrash von 1929. Fantes Buch ist darum auch ein Milieu-Roman, aber keiner, der nur das Elend ausstellt. In gutem Glauben und mit besten Absichten treibt sein Dominic Molise durch den Alltag, und beim Lesen hat man das Gefühl, der Autor folgt ihm einfach. kl „1933 war ein schlimmes Jahr“, Beats gefurchte Klanglandschaften, über denen der Gesang Anohnis schwebt. Das sind Lieder, die wie Gemälde wirken: der Engel der Erlösung als Symbol der Hoffnung inmitten all der Verheerung. Durch kleinste Verschiebungen in der Architektonik der durchaus clubtauglichen Songs bekommt das Album allmählich etwas Paradiesisches, das Ende spielt nicht mehr in der Wüstenei, sondern im Elysium: Es gibt einen Weg dorthin, man muss ihn nur finden. „Paradise“ist der Versuch, ein gesellschaftlich relevantes Kunstwerk zu schaffen, eine klingende Diskussionsgrundlage. Anohni will ihre Hörer zu Aktivisten des Guten machen, und deshalb spendiert sie allen ein siebtes Lied, die an anohni@rebismusic.com schreiben und verraten, was ihnen im Leben am meisten bedeutet und was sie sich von der Zukunft erhoffen. Eine Geste der Verwundbarkeit, nennt Anohni das. Eine Beschreibung, die sehr gut auch auf ihre Musik passt. Philipp Holstein