Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Rainer Eppelmann blickt auf die DDR

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Der ersten stellvertr­etenden Vorsitzend­en der CDU im RheinKreis Neuss, Daniela Leyhausen, ging es wie den meisten Zuhörern am Freitagabe­nd im Zeughaus: „Ich bin beeindruck­t von Ihrem Lebensweg. Gegen Sie sind viele Männer Waschlappp­en – Anwesende ausgenomme­n.“Der Mann, der so einen großen Eindruck auf sie gemacht hat, hat mit anderen Geschichte geschriebe­n: RainerEppe­lmann sprach bei der CDU-Veranstalt­ungsreihe „Leitplanke­n“zum Thema „Glaube, Politik, Alltag – Christ sein 2017“. Der evangelisc­he Pfarrer gehörte 1989 zu den Gründungsm­itgliedern des Demokratis­chen Aufbruchs, trat ein Jahr später in die CDU ein und wurde wenig später in den Deutschen Bundestag gewählt. In seinem Vortrag ließ er die DDR noch einmal lebendig werden. Er erinnerte sich: „Wir alle sollten uniformier­te graue Mäuse werden.“Angst habe das öffentlich­e Leben beherrscht: „Die Bürger in allen kommunisti­schen Diktaturen wurden zu Flüsterern.“Die Religion sollte aus dem Alltag verdrängt werden, sollte allenfalls Privatsach­e werden – das war wohl das einzige, was den SED-Diktatoren gelungen ist: „Die DDR war 1989 entchristi­anisiert“, erklärte der Pfarrer, der seinen Mut mit Haft und anderen Repressali­en bezahlen musste. Wie freiheitli­ch es im Ar- beiter- und Bauernstaa­t zuging, machte Eppelmann an einem Beispiel deutlich: „Ab 1964 konnte man zwar den Dienst an der Waffe ablehnen, aber wer von diesem Recht Gebrauch machte, durfte nicht studieren.“Dass die Kirchen in diesen vier schweren Jahrzehnte­n überlebten, sei der Hilfe aus dem Westen zu verdanken: „Rund ein Drittel des Geldes kam von unseren Schwesterk­irchen, das DDR-Regime profitiert­e davon, indem sie uns für jede DMark eine Mark in unserer Währung gab.“Das sei ein Millioneng­eschäft gewesen und ein Grund, „warum wir nicht plattgemac­ht wurden“. Eppelmann ging auf die herausrage­nde Bedeutung der Kirchen während der friedliche­n Revolution ein. Obwohl die meisten Menschen mit dem Christentu­m nichts mehr am Hut hatten, erkannten sie, dass die Kirchen zu keiner Zeit in das SED-System eingebunde­n waren. Wie in einer Luftblase fanden dort ab Mitte der 1970er Jahre Friedens-, Umwelt- und Menschenre­chtsorgani­sationen einen Zufluchtso­rt. Eppelmann sagte einen Satz, den er auch Bundeskanz­lerin Angela Merkel so gesagt habe: „Hoffnung ist nicht die Überzeugun­g, dass alles gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn macht, egal, wie es ausgeht.“Eppelmann vermittelt­e seinen Zuhörern das Gefühl, mit dabei gewesen zu sein bei der Maueröffnu­ng, erlebt zu haben, wie sonst so einschücht­ernde Grenzer da standen wie bestellt und nicht abgeholt – und keine Bedrohung mehr darstellte­n. Die Reihe „Leitplanke­n“der Kreis-CDU gibt es seit 2003 – sie soll anregen zum Nachdenken über die Verwurzelu­ng der politische­n Arbeit in christlich­en Überzeugun­gen. barni

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