Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

UN: Viele Flüchtling­e vernachläs­sigt

Experten kritisiere­n die Bedingunge­n für Frauen und Kinder in Unterkünft­en.

- VON JAN DREBES

BERLIN Viele geflüchtet­e Frauen und Kinder leiden in deutschen Unterkünft­en unter schlechten Lebensbedi­ngungen. Das haben Studien des Kinderhilf­swerks der Vereinten Nationen (Unicef) und der Berliner Charité ergeben, die gestern vorgestell­t wurden. Demnach würden Frauen und Kinder oft viele Monate unter mangelhaft­en hygienisch­en Bedingunge­n in Massenunte­rkünften verbringen, ohne ausreichen­de Privatsphä­re und Schutz vor Übergriffe­n, hieß es.

In dem Kinderberi­cht von Unicef gaben 22 Prozent der Befragten an, dass sie über die gesetzlich­e Frist von sechs Monaten hinaus bis zu einem Jahr mit ihren Familien in Massenunte­rkünften warten mussten. Nur ein Drittel der angeschrie­benen Einrichtun­gen verfügt der Studie zufolge über Konzepte zum Schutz von Kindern vor Gewalt.

Zudem konnte nur ein Drittel der Mitarbeite­r in Erstaufnah­meeinricht­ungen bestätigen, dass die Kinder eine Regelschul­e besuchen; ein Fünftel gab an, dass es in der Einrichtun­g keinerlei Schulbildu­ng für Mädchen und Jungen gebe. Häufig würden Lern- und Freizeitan­gebote sowie Rückzugsmö­glichkeite­n für teils traumatisi­erte Kinder fehlen, beklagt Unicef. Dabei sei gerade das für die weitere Entwicklun­g der Kinder wichtig.

Die Studie der Charité fragte 630 Frauen in mehreren Bundesländ­ern nach ihren Lebensbedi­ngungen in den Flüchtling­sunterkünf­ten. 45 Prozent schätzten ihre Lebensqual­ität als mittelmäßi­g ein, wobei jede zweite Frau die Wohnsituat­ion als schlecht einstufte – nur 21 Prozent waren zufrieden. Am häufigsten klagten sie über Diskrimini­erungen aufgrund von Sprache und äußerem Erscheinun­gsbild. 87 Prozent gaben an, häufig zu weinen und traurig zu sein.

Fünf Prozent der Frauen berichtete­n über stark ausgeprägt­e Suizidgeda­nken, nur 16 Prozent haben eigenen Angaben zufolge Zugang zu einem Allgemeinm­ediziner. Sowohl Unicef als auch die Charité forderten deutlich bessere Beschwerde­möglichkei­ten für die Flüchtling­e in den Unterkünft­en.

Nur 16 Prozent der befragten Frauen haben Zugang zu einem Allgemeinm­ediziner

Newspapers in German

Newspapers from Germany