Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Neuer Skandal erschüttert die Bundeswehr
Mobbing, Belästigung und Volksverhetzung: Es gibt Berichte über Missstände bei den Gebirgsjägern.
BADREICHENHALL (dpa) Nach dem Skandal um entwürdigende Rituale in der Elite-Kaserne der Bundeswehr in Pfullendorf beschäftigen weitere Belästigungs- und Mobbingvorwürfe die Truppe. Die Staatsanwaltschaft Traunstein ermittelt unter anderem wegen sexueller Belästigung und Volksverhetzung gegen mehrere Gebirgsjäger im oberbayerischen Bad Reichenhall. Die Opposition sieht darin ein „systemisches Problem bei der Bundeswehr“und fordert eine lückenlose Aufklärung. Der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels (SPD) forderte, besonders bei jungen Soldaten in Kampfverbänden künftig genauer hinzusehen.
Ein Obergefreiter soll einem Schreiben des Verteidigungsministeriums zufolge von Kameraden und Vorgesetzten zwischen November 2015 und September 2016 sexuell belästigt und genötigt worden sein. Die Bundeswehr ermittelt in dem Fall gegen 14 Soldaten. Das Ministerium bezeichnet die Vorfälle als „äußerst bedauerlich und vollkommen inakzeptabel“. Der direkte militärische Vorgesetzte des betroffenen Soldaten sei aus seiner Funk- tion herausgelöst, der Betroffene selbst sei versetzt worden.
Die Staatsanwaltschaft Traunstein ermittele seit Februar in dem Fall, teilte gestern ein Sprecher mit. Gegen einen Soldaten richteten sich Vorwürfe wegen Mobbings und „sexualbezogener Verfehlungen“. Gegen drei weitere Soldaten werde in zwei weiteren Fällen wegen Volksverhetzung und wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz ermittelt. Nähere Angaben machte der Sprecher nicht. Ende Januar war das Ausbildungszentrum im badenwürttembergischen Pfullendorf wegen demütigender Aufnahmerituale und entwürdigender Behandlungen in die Kritik geraten.
Wehrbeauftragter Bartels machte sich Anfang März in Bad Reichenhall ein Bild von der Lage. Er sagte, die Vorgesetzten seien verantwortlich mit den Vorfällen umgegangen. Es sei nichts vertuscht worden.
„Die Gebirgsjäger in Bad Reichenhall machen nicht zum ersten Mal Negativschlagzeilen“, erklärte hingegen die verteidigungspolitische Sprecherin der Linken-Fraktion im Bundestag, Christine Buchholz: „Das wirft die Frage nach einem Eigenleben in diesem Teil der Truppe auf.“