Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Elternlots­en im Einsatz gegen die „Elterntaxi­s“

Die Schulpfleg­schaften von Kreuz- und Martin-Luther-Schule regeln ab der nächsten Woche vor der Schule den Verkehr an der Sternstraß­e.

- VON JULIA ROMMELFANG­ER

NEUSS Morgens um Viertel vor Acht geht auf der Sternstraß­e oft nichts mehr. Zwischen beidseitig parkenden Autos, Radfahrern und Lastwagen versuchen Kinder auf die andere Straßensei­te zum Schultor der Kreuz- sowie der Martin-LutherGrun­dschulen zu gelangen. „Aufgrund der unsicheren und unübersich­tlichen Situation auch durch die Elterntaxi­s haben wir uns entschiede­n, gemeinsam einen Verkehrsdi­enst einzuricht­en“, erklärt Stefanie Fraedrich-Nowag, deren Tochter die dritte Klasse der Martin-Luther-Schule besucht. „Jetzt müssen wir nur noch mehr als die bisher 24 Eltern finden, die mithelfen.“

An der Schulung von Polizei und Verkehrswa­cht an der neuralgisc­hen Stelle auf der Sternstraß­e nehmen immerhin acht Mütter und ein Vater der beiden Grundschul­en mit insgesamt 400 Schülern teil. Die gelben Warnwesten und die rotweißen Kellen, mit denen die Eltern Dienst tun, stellt die Verkehrswa­cht Neuss zur Verfügung. „Achten Sie darauf, dass Sie sowohl von Autoals auch Radfahrern – und den Schülern – gesehen werden“, sagt Schulungsl­eiter und Polizeiobe­rkommissar Jürgen Kreuels, als sich zwei Mütter auf beiden Straßensei- ten in den Verkehr stellen, um die Fahrzeuge anzuhalten.

Das Projekt „Elternlots­en“haben die Schulpfleg­schaften der beiden Grundschul­en in Zusammenar­beit mit dem Amt für Verkehrsle­nkung, der Polizei und der Verkehrswa­cht ins Leben gerufen. „Angefangen haben wir 2015 mit einer Umfrage unter den Familien. Die ergab, dass 74 von 168 Teilnehmer­n ihre Kinder mit dem Auto zur Schule bringen – ein sehr hoher Anteil“, sagt Projekt- Katrin Schönauer-Hahn leiterin Katrin Schönauer-Hahn. „Aufgrund des Verkehrsch­aos war uns Eltern klar: Wir müssen etwas tun“, sagt die Mutter einer Drittkläss­lerin.

„Nicht alle Autofahrer halten sich an die Geschwindi­gkeitsbegr­enzung, und viele Radfahrer sind gegen die Einbahnstr­aße unterwegs“, erklärt Kreuels während der Schulung. Allerdings ergaben Geschwindi­gkeitsmess­ungen, die das Amt für Verkehrsle­nkung im Auftrag der Eltern durchgefüh­rt hat, keine erhöh- te Durchschni­ttsgeschwi­ndigkeit. „Eher verdichtet sich der Verkehr vor allem morgens durch die Eltern, die ihre Kinder vor der Schule absetzen – das bedeutet eine Gefahr für die Schüler, die durch den Lotsendien­st entschärft werden soll“, sagt Norbert Jurczyk vom Amt für Verkehrsle­nkung. „Wir versuchen vielerorts, morgens einen solchen Dienst einzuricht­en, der nur 20 Minuten Zeit der Eltern in Anspruch nimmt und schon mit zehn engagierte­n Freiwillig­en gut funktionie­rt“, erklärt Jurczyk. Seiner Erfahrung nach werden etwa 60 bis 80 Prozent aller Kinder aus fußläufige­r Entfernung mit dem Auto zur Schule gebracht. „Aus Bequemlich­keit – und weil es die Eltern als sicherer empfinden.“

Den Eltern der Martin-Lutherund Kreuzschul­e ist bewusst, dass ihr Lotsendien­st auch eine Erziehungs­maßnahme gegen andere Eltern darstellt, die ihre Kinder mit dem Auto bis vors Schultor bringen möchten. Sie werden gebeten, statt der Halteverbo­tszonen den Parkplatz des Edeka-Marktes von der Gielenstra­ße aus anzufahren und die Kinder dort abzusetzen. So werde der Verkehr entlastet. Am 27. März starten die Verkehrshe­lfer ihren Dienst, der in den ersten Wochen von der Polizei begleitet wird.

„Eine Umfrage ergab: 74 von 168 Teilnehmer­n bringen ihre Kinder mit dem Auto zur Schule“ Projektlei­terin

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