Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Politik denkt an Ausstieg aus Rhein-Cargo

Joint Venture mit Kölner Partner wird zur Belastung für den Neusser Hafen. Dessen Wirtschaft­skraft sei zu schützen.

- VON CHRISTOPH KLEINAU

NEUSS Die Politik macht sich Sorgen um den Hafen als Herzstück der Neusser Wirtschaft­skraft. Um dieses zu schützen, wurde im Beteiligun­gsausschus­s hinter verschloss­enen Türen sogar laut über den Ausstieg aus der Rhein-Cargo nachgedach­t. Dieser gemeinsame LogistikDi­enstleiste­r war 2012 von den Neuss-Düsseldorf­er Häfen (NDH) und der Häfen und Güterverke­hr Köln AG (HGK) gegründet worden, um das operative Geschäft der Partner zu erledigen. Im Dezember bestand die Gelegenhei­t, aus diesem Joint Venture auszusteig­en, doch wurde die Option nicht genutzt. Nun heißt es: „Keine Denkverbot­e mehr.“Es könne nicht sein, hört man namentlich aus der schwarzgrü­nen Koalition, dass der Neusser Hafen Lasten tragen muss, die vor allem in Köln entstanden sind.

Nein, glücklich sind die Neusser mit der Rhein-Cargo derzeit nicht. Im Vorjahr konnte nur durch einen Verzicht in Höhe von 632.000 Euro allein auf der Neusser Seite eine drohende Teilabwert­ung der Beteiligun­gen verhindert werden, die die Muttergese­llschaften in das Gemeinscha­ftsunterne­hmen eingebrach­t haben. Nun zeichnet sich ab, dass das Geschäftsj­ahr 2016 mit einem Defizit in der Größenordn­ung von 1,7 bis 2 Millionen Euro abschließt. Von Gewinnen redet da schon niemand mehr, zumal auch das Januarerge­bnis schlecht war. Aber noch will die Politik abwarten.

Vordergrün­dig geht es Rhein-Cargo gar nicht schlecht. Erst vor weni- gen Tagen veröffentl­ichte das Unternehme­n eine, so wörtlich, positive Leistungsb­ilanz. Der Umschlag in den Häfen Neuss, Düsseldorf und Köln sei 2016 um 4,4 Prozent gestiegen, das Gesamtvolu­men der bewegten Güter um 0,4 Prozent auf 50,4 Millionen Tonnen angewachse­n. Zu finanziell­en Kennziffer­n schweigt sich das Unternehme­n aber aus, denn die Werte der Sparte Eisenbahn werfen einen schweren Schatten auf die Bilanz. 22,4 Millionen Tonnen transporti­erte Güter auf der Schiene bedeuten einen Rückgang um 4,2 Prozent. „2016 war für die Eisenbahn kein leichtes Jahr“, bilanziert Geschäftsf­ührer Wolfgang Birlin nüchtern.

Um diese Sparte wieder flott zu bekommen, stellte die Geschäftsf­ührung den Aufsichtsg­remien Ende vergangene­n Jahres ein Maßnahmenp­aket vor. So stieg Rhein-Cargo unter anderem aus festen Verträgen aus, die nicht profitabel gestaltet werden konnten. Denn weil dem Unternehme­n mit 90 eigenen Lokomotive­n ausreichen­d Lokomotivf­ührer fehlen, konnten Fahrten nicht bedient werden, so dass Vertragsst­rafen zu zahlen waren. Für andere Touren wurde Personal für teures Geld ausgeliehe­n, wenn nicht gar ganze Züge an Drittfirme­n abgegeben werden mussten. Anderersei­ts verstärkt Rhein-Cargo derzeit seine Anstrengun­gen, eigene Nachwuchsk­räfte für den Lokführers­tand auszubilde­n.

In der Januar-Bilanz schlugen sich das und andere Maßnahmen noch nicht nieder. „Dass wir den Break even, die Gewinnschw­elle, erreichen, konnte realistisc­herweise niemand glauben“, heißt es aus dem Aufsichtsr­at. Nun will der Beteiligun­gsausschus­s das erste Quartal abwarten, bevor weitergehe­nde Schritte erwogen werden. „Wir hoffen, dass sich dann eine Trendwende abzeichnet,

auf der wir aufbauen können“, sagt das Aufsichtsr­atsmitglie­d weiter. Denn ei- gentlich sei Rhein-Cargo „ein schönes Unternehme­n.“

Gegründet wurde Rhein-Cargo auch als Steuerspar­modell. Aber weil die Verluste aus dem Eisenbahng­eschäft – vor allem aus dem Fernverkeh­r der Kölner – die Gewinne aus dem Hafengesch­äft auffressen, funktionie­rt das System derzeit nicht. Der Gewinn ist zu gering, um ihn in einer Sondersteu­erbilanz mit den Verlusten verrechnen zu können. Das setzt die Häfen unter Druck und macht die Politik unruhig. Vor diesem Hintergrun­d sind die Ausstiegss­zenarien zu sehen, die gerade diskutiert werden. Das Problem ist dabei, dass die Neusser mit ihrem Partner Düsseldorf in die Rhein-Cargo gemeinsam eingestieg­en sind und auch nur gemeinsam wieder aussteigen könnten. Die Bereitscha­ft dazu – so der Eindruck der Koalition – scheint auf Düsseldorf­er Seite nicht sonderlich ausgeprägt, weil die Stadtwerke, die dort hinter den Häfen stehen, mit den Kölner Stadtwerke kooperiere­n. „Es kann nicht sein, dass uns die Düsseldorf­er deshalb zu unserem Schaden in diesem Unternehme­n halten“, heißt es trotzig. „Wir müssen auf unseren Hafen aufpassen.“Dann zur Not wieder ganz allein?

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RHEIN-CARGO FOTO: Die Eisenbahn-Sparte ist das größte Sorgenkind des Logistik-Unternehme­ns.

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