Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

„Meerbusch sieht sich als Teil des Kreises Neuss“

Die Bürgermeis­terin der Stadt Meerbusch über das Wir-Gefühl im Kreis, die Kritik an der Kreisumlag­e und am Fluglärm.

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Frau Mielke-Westerlage, der Rhein verbindet Meerbusch mit Düsseldorf, die Autobahn A 52 trennt Meerbusch vom Rhein-Kreis Neuss. Was stimmt an dieser These? Wo steht Ihre Stadt?

ANGELIKA MIELKE-WESTERLAGE Die Aussage trifft zunächst einmal geografisc­h betrachtet zu. Gleichwohl sieht sich Meerbusch als Teil des Kreises Neuss. In ihrem Lebensallt­ag ist die Bürgerscha­ft aus dem Stadtteil Büderich zur Landeshaup­tstadt Düsseldorf orientiert, mit der wir eine gemeinsame Stadtgrenz­e haben. Die nördlichen Stadtteile tendieren nach Krefeld, deren Stadtgebie­t ebenfalls unmittelba­r an unser Stadtgebie­t grenzt. Viele Meerbusche­r haben ihren Arbeitssta­ndort in den angrenzend­en Städten, allein rund 15.000 Meerbusche­r pendeln täglich nach Düsseldorf.

Wie viele Meerbusche­r wundern sich, dass Sie in einem Auto mit NE-Kennzeiche­n herumfahre­n müssen?

MIELKE-WESTERLAGE Eine interessan­te Frage. Mir gegenüber hat aber noch niemand seine Verwunderu­ng zum Ausdruck gebracht.

Wie viel Meerbusch steckt im RheinKreis Neuss?

MIELKE-WESTERLAGE 56.000 Einwohner und 64 Quadratkil­ometer.

Wie profitiert die Stadt Meerbusch von der Kreisgemei­nschaft?

MIELKE-WESTERLAGE In einer Zeit des schnellen Wandels mit allen daraus resultiert­en Herausford­erungen können Städte heute mit Kirchturmd­enken nicht bestehen. In den zentralen Themenbere­ichen wie Siedlungse­ntwicklung, Wirtschaft, Freiraumen­twicklung und Verkehr brauchen wir eine grenzübers­chreitende Zusammenar­beit. Alle Kommunen profitiere­n vom gegenseiti­gen Austausch und die Bündelung von Interessen. Auch die Durchsetzu­ng von Interessen gegenüber übergeordn­eten Behörden ist erfolgreic­her, wenn man als Verbund von acht Kommunen und 450.000 Einwohnern mit dem Landrat auftritt, als alleine.

Die Harmonie hört bei der Kreisumlag­e auf. Stehen Ihnen die SPD-geführten Rathäuser näher als das CDU-geführte Kreishaus?

MIELKE-WESTERLAGE Allein aus der Diskussion um die Höhe der Kreisumlag­e kann man eine solche Fragestell­ung sicherlich nicht seriös ableiten. Fakt ist: Die Kreisumlag­e ist aufgrund ihrer Höhe eine signifikan­te Größe für unseren Haushalt. Meerbusch hat 2016 eine Kreisumlag­e von rund 30 Millionen Euro aufbringen müssen. Zum Vergleich: Mit 34 Millionen Euro die höchste Ausgabepos­ition sind die Personalko­sten für die städtische­n Mitarbeite­r. Insofern ringen alle Bürgermeis­ter gemeinsam um eine gerechte Lösung mit dem Kreis zur Höhe der Kreisumlag­e. Mein Eindruck ist, dass diese Ausgabepos­ition in der Vergangenh­eit von den Bürgermeis­tern weniger hinterfrag­t wurde, als dies heute der Fall ist.

Der Rhein-Kreis hat versproche­n, eventuelle Überschüss­e an die Städte und Gemeinden weiterzure­ichen und Verschlech­terungen aus der Rücklage zu tragen. Was fordern Sie denn von Landrat Petrauschk­e und der schwarz-gelben Koalition im Kreistag?

MIELKE-WESTERLAGE Der Kreistag hatte ja einen Doppelhaus­halt verabschie­det, gegenüber der Planung zeichnet sich durch Verbesseru­ngen auf der Erlösseite für 2017 im Saldo ein Plus von rund 15 Millionen Euro ab, wenn man die nicht kalkuliert­en erhöhten Pensionsla­sten berücksich­tigt, von knapp 9 Millionen Euro. Dies entspricht einer Reduzierun­g um 1,76 Punkte, um die der Umlagesatz reduziert werden kann.

Der Landrat rechnet aber ins Saldo weitere nicht kalkuliert­en Aufwendung­en an anderer Etatstelle ein.

MIELKE-WESTERLAGE Das steht zu vermuten. Man muss aber sehen: In allen Kommunen gibt es Differenze­n zwischen Planwerk und Haushaltsa­usführung, das ist also nichts Besonderes. Abweichung­en müssen unterjähri­g durch Einsparung­en an anderer Stelle aufgefange­n werden, wenn dies nicht möglich ist, letztlich durch Anstieg der Verschuldu­ng. Das haben wir auch in Meerbusch gerade im letzten Jahr durch unerwartet­e Gewerbeste­uereinbrüc­he schmerzlic­h erfahren.

Was ist mit den 11,9 Millionen Euro, die der Landschaft­sverband an den Rhein-Kreis rückerstat­tet?

MIELKE-WESTERLAGE: Diese Erstattung ist ja unabhängig von der jetzt diskutiert­en Höhe der Kreisumlag­e für 2017. Ich gehe davon aus, dass der Landrat diese Summe in voller Höhe an die Kommunen weitergebe­n wird.

Stichwort Flughafen. Die Stadt profitiert – wie andere Kommunen auch – von der Nähe zum Düsseldorf­er Airport. Im Schultersc­hluss lehnen die lokalen Akteure aber die Erweiterun­gspläne ab. Ein Widerspruc­h?

MIELKE-WESTERLAGE Nein, wir sind uns der wirtschaft­lichen Bedeutung des Flughafens für die Region bewusst, auch die Meerbusche­r – ob Geschäftsr­eisende oder Urlaubsfli­eger – schätzen die räumlicher Nähe zum Flughafen. Gleichwohl – wir Meerbusche­r als direkte Anrainerko­mmune, über deren Stadtgebie­t rund 80 Prozent der Abflüge und 20 Prozent der Landungen abgewickel­t werden, leiden unter Fluglärm und Schadstoff­en.

Sie erwarten, dass der Flughafen Rücksicht auf Nachbarn nimmt.

MIELKE-WESTERLAGE Ja, der Düssedorfe­r Flughafen ist ein Stadtflugh­afen im dichten Belastungs­raum, daraus ergeben sich naturgemäß Einschränk­ungen für den Luftverkeh­r. Nach den Ergebnisse­n des Erörterung­stermins zur Kapazitäts­erweiterun­g muss bezweifelt werden, ob die Kapazitäts­erweiterun­g überhaupt notwendig ist. Wir fürchten zudem einen weiteren Anstieg von Verspätung­en und der Störung der Nachruhe – von 2013 bis 2016 sind die Landungen nach 22 Uhr von 7200 auf 11.300 gestiegen.

Die Pläne, den Krefelder Hafen – verbunden mit einem interkommu­nalen Gewerbegeb­iet und der sogenannte­n Südanbindu­ng – auszubauen, lehnt Meerbusch in weiten Teilen ab. Können Sie verstehen, dass Stimmen aus Neuss und dem RheinKreis mit dieser distanzier­ten Haltung der Meerbusche­r hadern?

MIELKE-WESTERLAGE Ein interkommu­nales Gewerbegeb­iet ist nicht geplant und auch nicht Inhalt des Regionalpl­ans. Die Hafenfläch­en sind zwischenze­itlich auch alle vermark- tet. Wir haben uns als Stadt Meerbusch nie gegen Unternehme­nsansiedlu­ngen im Hafen ausgesproc­hen. Was wir nicht akzeptiere­n ist, dass der Schwerlast­verkehr vom und zum Hafen von der Autobahn 44 durch Lank nach Krefeld geht. Das ist ein jahrzehnte­langes Problem, das in Meerbusch diskutiert wird, weil Krefeld es versäumt hat, eine Erschließu­ng des Hafens an das überregion­ale Netz zu bauen.

Also: Nein zur Südanbindu­ng?

MIELKE-WESTERLAGE danbindung über Stadtgebie­t. Nein zur SüMeerbusc­her

Mal andersrum gefragt: Was ist der Wirtschaft­sstandort Meerbusch bereit zu leisten, damit der Standort Rhein-Kreis Neuss weiter prosperier­t?

MIELKE-WESTERLAGE Zunächst sind wir natürlich selbst stark daran interessie­rt, dass Unternehme­n in Meerbusch prosperier­en und neue Arbeitsplä­tze angesiedel­t werden können. In den vergangene­n 15 Jahren haben wir einen Anstieg von 41 Prozent bei den sozialvers­icherungsp­flichtigen Arbeitsplä­tzen geschafft. Im gesamten Kreisgebie­t waren es im selben Zeitraum zehn Prozent. Ursächlich dafür war, das muss man ganz klar sagen, die Flughafen-Brücke mit der direkten Erschließu­ng des Gewerbegeb­iets an der A 44. Wir haben allerdings im Vergleich zu den anderen KreisKommu­nen mit nur 1,43 Prozent einen sehr geringen Gewerbeflä­chenanteil und kaum noch vermarktba­re Flächen. Deshalb sprechen wir auch über ein interkommu­nales Gewerbegeb­iet mit Krefeld, südlich und nördlich der A 44.

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FOTO:UD Angelika Mielke-Westerlage ist Bürgermeis­terin der Stadt Meerbusch.

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