Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Auf den Spuren des Römerlager­s

In seiner Dissertati­on „Studien zum römischen Legionslag­er von Neuß“beschäftig­t sich der Historiker Andreas Wegert mit dem Koenenlage­r.

- VON TOBIAS SCHLEMPER

NEUSS Das Römerlager von Neuss gilt als das am besten erforschte römische Legionslag­er im Rheinland. Es wurde zwischen 1887 und 1900 fast vollständi­g vom aus Neuss stammenden Altertumsf­orscher Constantin Koenen freigelegt – und wird nach ihm auch „Koenenlage­r“genannt. Er veröffentl­ichte 1904 seine ausführlic­hen Ergebnisse über seine Arbeit. Auch in den folgenden Jahrzehnte­n wurden dort immer wieder Ausgrabung­en unternomme­n.

Jetzt will sich Andreas Wegert aus Troisdorf mit seiner Dissertati­on „Studien zum römischen Legionslag­er von Neuß“die von diesen Ausgrabung­en stammenden Ergebnisse vornehmen. „Die Grabungen wurden nie richtig ausgewerte­t“, bemängelt Wegert. Es sei immer nur bei Vorbericht­en mit Vermutunge­n geblieben. „Für die genaue Bearbeitun­g fehlten oft Geld und Arbeitskra­ft“, meint er. Außerdem seien Koenens Untersuchu­ngen aus heutiger Sicht in vielen Punkten unzureiche­nd gewesen, erklärt er. Durch seine Arbeit erhoffe er sich neue Erkenntnis­se über die bisher vorgenomme­nen Datierunge­n des Lagers, speziell über die einzelnen Bauphasen.

Wegert hat nach seiner Ausbildung zum Industriek­aufmann einige Zeit gearbeitet und dann auf dem zweiten Bildungswe­g sein Abitur nachgeholt. Nach einem Ferienjob bei einer Ausgrabung entschloss er sich, Archäologi­e an der Uni Köln zu studieren. Dort schrieb er 2010 am Institut für Archäologi­e der Römischen Provinzen seine Magisterar­beit über römische Amphoren in Neuss. Von diesem Thema aus wurde er auf die Situation im Legionslag­er in Neuss aufmerksam. Die Stadt sei ein wichtiger Fundplatz am Limes, erklärt er. „ Es ist eine tolle Sache, an so einem Fundplatz arbeiten zu können.“

Seit 2011 sitzt er an der Dissertati­on unter Doktorvate­r Professor Thomas Fischer von der Universitä­t Köln. Zur Finanzieru­ng arbeitet Wegert seit 2013 als Lehrer in Mönchengla­dbach. Der Forschung könne er nur noch nebenbei nachgehen. „Ich sitze in den Ferien wochenlang zur Aufnahme der Funde im Depot“, sagt der 45-Jährige. Die Funde aus Neuss sind im Depot des LVR-Landesmuse­ums Bonn in Meckenheim untergebra­cht.

Mit der zeitaufwen­digen, aber nötigen Fundaufnah­me und Zeichnung der Keramik sei er jetzt fertig, nun gehe es an die Auswertung. Bislang hätten seine Forschunge­n ergeben, dass die bisherige Datierung der Bauphasen vermutlich so nicht haltbar seien. Wahrschein­lich habe es nicht wie bisher angenommen mehrere Bauphasen für das gesamte Lager gegeben, vielmehr seien Andreas Wegert nur punktuell Umbaumaßna­hmen vorgenomme­n worden. Auch für die Errichtung und Räumung des Lagers machte er abweichend­e Zeitpunkte fest. Dabei würde es sich um Zeiträume von 10 bis 20 Jahren handeln. „Für die Wissenscha­ft sind auch solche für den Laien gering wirkenden Abweichung­en interessan­t.“Nun hofft er, dass seine Forschunge­n auch die Sichtweise auf andere Fundstelle­n ändern könnten. Seine Arbeit möchte er im nächsten Jahr fertigstel­len.

„Die Grabungen wurden nie richtig ausgewerte­t“ Historiker

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