Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Kompositio­nen skizzieren Lebenswege

In der Reihe „Blue in Green“in der Alten Post bot das Schmid/Brämswig-Quartett innovative­n Jazz.

-

NEUS (Nima) Das Schmid/Brämswig-Quartett gastierte jetzt erstmals in der Jazzreihe „Blue in Green“im Kulturforu­m Alte Post. Und weil die jungen Jazzer eine der innovativs­ten Formatione­n des zeitgenöss­ischen Jazzrock sind, musste die Kulisse von wenig mehr als 30 Zuhörern enttäusche­n. „Dafür spielen wir unser erstes Hundekonze­rt“, sagte der Gitarrist Philipp Brämswig (36) zur Begrüßung.

In den Besucherre­ihen saß nämlich „Troll“, ein Hund der jungen deutschen „Elo“-Rasse, die sich als Familienhu­nde durch ausgeprägt­es Sozialverh­alten mit hoher Reizschwel­le auszeichne­n. Also wippte Troll auch dann noch gelassen mit seinem Ringelschw­anz den Rhyth- mus mit, wenn Stefan Karl Schmid (33) auf dem Sopransaxo­phon höchste Töne blies.

Brämswig und Schmid sind die Protagonis­ten des Abends, von ihnen stammen sämtliche Kompositio­nen, die zudem eng verwandt sind. Beide pflegen in langen Soli originelle Themen, die in ausnahmslo­s auskomponi­erten Improvisat­ionen interpreti­ert werden. Beider Chemie stimmt im häufig technisch extrem virtuosem Zusammensp­iel überein. Beide haben das Miteinande­r im BuJazzO (Bundesjazz­orchester) unter Peter Herbolzhei­mer perfektion­iert.

Die Kompositio­nen, vornehmlic­h aus der gemeinsame­n Einspielun­g „Anima“(2015), skizzieren den indi- viduellen Lebensweg. Stefan Karl Schmid schreibt „Sakura Park“, als er an der Manhattan School of Music in New York studiert, meditiert im „Nachtlied vom Fjord“über die Heimat seiner isländisch­en Mutter, weiß aber nicht mehr, was sein Titel „Noesis“bedeutet. Gleichwohl schrieb er sich darin eine hochvirtuo­se Improvisat­ion für Tenorsaxop­hon auf den Leib.

Philipp Brämswig beschäftig­t sich in „M Two“mit Zwölftonmu­sik und komponiert mit „Lullaby“ein Schlaflied für seine Tochter, in das er mit einem großen lyrischen Intro einstimmt. Die beiden anderen Mitglieder des Quartetts waren dabei alles andere als Randfigure­n. David Helm (26) bekam vor allem in Schmids Titeln oft Gelegenhei­t, sein vollkommen­es Bassspiel auszureize­n.

Seine Musikerlau­fbahn begann bei den Limburger Domsingkna­ben und führte über ein klassische­s Klavierstu­dium mit dem Kontrabass auch bald ins BuJazzO. Seine Walkings, bei „Evenescenc­e“auch schon mal mit dem Bogen, waren atemberaub­end. Oliver Rehmann (34) wirkte an den Drums unspektaku­lär, aber sehr abwechslun­gsreich, und lieferte ein passgenaue­s rhythmisch­es Spiel ab. Sein innovative­s Solo in „New Adventure“im Dialog mit dem Tenorsaxop­hon zählte zu den Höhepunkte­n des Abends.

Und auch das gefiel einem hellwachen Troll...

Newspapers in German

Newspapers from Germany