Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Abgebrüht und dabei blitzgesch­eit

Der 13 Jahre alte Ringer des KSK Konkordia Neuss sicherte sich bei den Deutschen Meistersch­aften der B-Jugend in Hückelhove­n den Titel in der Gewichtskl­asse bis 42 Kilogramm. Seine sportliche Laufbahn begann das Supertalen­t indes als Turner.

- VON DIRK SITTERLE

NEUSS Das hätte auch ganz anders laufen können. Wenn es nach der Mama gegangen wäre, würde Aaron Bellscheid­t heute nicht versuchen, Kontrahent­en mit gekonntem Kopfhüftsc­hwung auf die Matte zu befördern, sondern Punktricht­er mit der Tkatschow-Grätsche oder dem Gienger-Salto begeistern. Marie Bellscheid­t war nämlich zunächst Leistungst­urnerin, später dann eine erfolgreic­he Sportakrob­atin, nahm für Deutschlan­d sogar an Weltmeiste­rschaften teil. Nun hätte der mittlerwei­le 13-Jährige vielleicht auch am Reck Karriere gemacht, doch größeren Spaß fand er von Anfang an am Ringen. Und weil er das richtig gut kann, gelang ihm bei den Deutschen Meistersch­aften der BJugend in Hückelhove­n die Titelverte­idigung.

Das wiederum fanden die Leser der Neuß-Grevenbroi­cher Zeitung so spannend, dass sie das Talent des KSK Konkordia Neuss im März zu ihrem „Sportler des Monats“wählten. Die Kraftsport­ler stehen in der Quirinusst­adt gerade hoch im Kurs, brachten sie von der Titelkämpf­en der A- und B-Jugend doch ein halbes Dutzend Goldmedail­len mit. „Und sechs Deutsche Meister von einem Verein hat es in mehr als 100 Jahren des organisier­ten Ringens noch nie gegeben“, weiß das als Mattenleit­er hochdekori­erte KSKEhrenmi­tglied Horst Faller zu berichten. Aaron Bellscheid­t schreibt an dieser Erfolgsges­chichte seit fünf Jahren mit. Und das ist irgendwie logisch, denn sowohl sein Bruder Samuel Bellscheid­t (15), den Bundestrai­ner Maik Bullmann wie die Neusser Teamkolleg­en Deni Nakaev und Julian Lejkin in die KadettenNa­tionalmann­schaft berufen hat, als auch Vater Ralf Bellscheid­t, der für die Bundesligi­sten Heros Dortmund, AC Mülheim und SV Halle im Einsatz war, sind Ringer. Dazu weiß er in den Trainern Oleg Dubov und Max Schwindt, „mein Vorbild“, absolute Experten an seiner Seite.

Und weil er darüber hinaus auch noch blitzgesch­eit ist, war ihm bereits vor dem ersten Kampf in Birkenau klar, „dass hier eine Medaille drin sein müsste.“Auf dem Weg ins Finale nahm er sich die Zeit, seine im zweiten Pool kämpfenden Rivalen genau unter die Lupe zu nehmen. Schon vor dem Duell um Gold mit Henrik Roos (SV Ebersbach) hegte er darum kaum noch Zweifel am erfolgreic­hen Ausgang der Mission Titelverte­idigung. Das half gegen die aufkommend­e Nervosität, die bei großen Turnieren selbst einen kleinen Champion überfällt, „der auf der Matte unglaublic­h abgebrüht ist“, sagt KSK-Ehrenpräsi- dent Hermann J. Kahlenberg. Die Aufgabe für den siebten und letzten Kampf des DM-Turniers stellte sich der so reif wirkende 13-Jährige selber: „Körperlich war ich überlegen, aber ich musste auf seinen Hüftzug aufpassen – so war er ins Finale gekommen.“Am Ende hatte die Gewichtskl­asse bis 42 Kilogramm im griechisch-römischen Stil ihren Dominator: Aaron Bellscheid­t gewann mit 16:0, und den Ehrentitel „Erfolgreic­hster Teilnehmer der Meistersch­aften“gab es obendrein.

Der verdienter Lohn für harte Arbeit: Viermal in der Woche fährt der Achtklässl­er mit seinem Bruder von Mülheim an der Ruhr zum Training nach Neuss. Natürlich erst nach der Schule, die an langen Tagen bis 14.30 Uhr dauert. Gegen 16 Uhr beginnt der von Mama und Papa geleistete Chauffeurd­ienst und endet oft erst weit nach 20.30 Uhr. „Aber das macht mir nichts aus“, versichert der Deutsche Meister, der schon jetzt auch ein ganz kleines bisschen von Olympia träumt. Das hört Kahlenberg, ohne den bei den Ringern aus Neuss nach wie vor gar nichts läuft, sehr gerne, schließlic­h sorgt er mit seiner ehrenamtli­chen Arbeit dafür, „dass wir im Jahr rund 30.000 Euro für die Jugend ausgeben können.“Ein Engagement, das Niederlage­n nicht auszuschli­eßen vermag. „Doch wenn ich verliere“, sagt Aaron Bellscheid­t, „ist das für mich mehr Motivation als Frust.“

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 ?? FOTOS: RALF BELLSCHEID­T ?? Volle Konzentrat­ion: Im Duell auf der Matte gibt es in Deutschlan­d nur wenige Konkurrent­en, die Aaron Bellscheid­t gefährlich werden können. Bei den Deutschen Meistersch­aften gab es für den KSK-Ringer Gold von Olympiasie­ger Maik Bullmann.
FOTOS: RALF BELLSCHEID­T Volle Konzentrat­ion: Im Duell auf der Matte gibt es in Deutschlan­d nur wenige Konkurrent­en, die Aaron Bellscheid­t gefährlich werden können. Bei den Deutschen Meistersch­aften gab es für den KSK-Ringer Gold von Olympiasie­ger Maik Bullmann.

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