Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Rechtskunde für Flüchtlinge
Integrationsminister Rainer Schmeltzer machte sich ein Bild vom Projekt.
NORDSTADT (barni) Hoher Besuch wurde jetzt in der Flüchtlingsunterkunft an der Neusser Weyhe empfangen: Integrationsminister Rainer Schmeltzer kam, um sich über ein Pilotprojekt zu informieren, das sein Ministerium finanziert. Es geht um den Rechtskundeunterricht für erwachsene Geflüchtete.
Dass die Caritas mit dem Direktor Norbert Kallen, dem Leiter der Sozialdienste im Rhein-Kreis Neuss Dirk Jünger sowie der Projekt-Koordinatorin Natasa Sirigu so stark vertreten war, liegt daran, dass sie das Projekt umsetzt. „Es gibt vier Gruppen im Rhein-Kreis Neuss, drei davon in Neuss und eine weitere in Meerbusch“, erklärte Sirigu. Der Rechts- kundeunterricht sei sehr gut angelaufen. Es gehe um die Vermittlung von hier geltenden gesellschaftlichen Normen und Werten, die Teilnahme sei jedoch nicht verpflichtend. „Dieses Angebot ist sehr sinnvoll, zumal viele der Flüchtlinge länger bei uns bleiben werden“, erklärte der Minister.
Es gehe auch um eine Akzeptanz der Flüchtlinge in der Gesellschaft – nicht wenige Menschen hätten Angst vor einer „Islamisierung“. Es sei deshalb gut, wenn die Flüchtlinge schon sehr früh lernen, wie der demokratische Rechtsstaat funktioniert und welche Grundwerte er beinhaltet. Nach dieser Testphase soll es den Rechtskundeunterricht in ganz Nordrhein-Westfalen geben – das Land kann auf einen Pool von insgesamt 800 Juristen zurückgreifen.
Minister Schmeltzer schaute sich an, wie dieser Unterricht in der Praxis aussieht. Martin Holthöwler, Richter am Neusser Amtsgericht, hatte offenbar vor allem die Rechte der Frauen in Deutschland auf dem Lehrplan. Zwei Dolmetscher standen zur Verfügung. „In Deutschland ist alles erlaubt, was nicht verboten ist“, sagte der Jurist. Wenn eine Frau einen schicken kurzen Rock trage, sei Gucken zwar erlaubt, ansonsten müsse respektvoll mit ihr umgegangen werden. „Ein Nein ist ein Nein bei einer Frau hier in Deutschland“, stellte Holthöwler klar. Und: „Eine Frau kann sich hier ihren Lebenspartner selber aussuchen, sie kann später auch die Scheidung einreichen“, klärte der Richter weiter auf. Die Beachtung der Grundrechte sei von elementarer Bedeutung.
Minister Rainer Schmeltzer lauschte der Diskussion interessiert: „Es ist interessant, auf die Gesichter zu achten, auf die Mimik“, sagte er und wunderte sich über die Diskussionsfreudigkeit einiger Flüchtlinge. Weibliche Asylbewerber waren nicht dabei.