Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Der Bücherwurm ist eine gefährdete Art

Morgen ist Welttag des Buches. Doch das Medium ist bei den jungen Leuten in Kaarst offenbar nicht mehr so angesagt.

- VON BÄRBEL BROER

KAARTS In Zeiten von E-Books, Smartphone­s, Playstatio­n und Xbox gerät es immer mehr in den Hintergrun­d: das Buch. Um an die Kultur des geschriebe­nen Wortes zu erinnern, gibt es am 23. April den Welttag des Buches, den die Unesco im Jahr 1995 eingeführt hat. In Deutschlan­d erhalten zu diesem Tag rund 800.000 Schüler der vierten und fünften Klassen das Welttagsbu­ch „Ich schenk dir eine Geschichte“. Wer in Kaarst gerne stöbert und schmökert, kann zwischen drei Buchhandlu­ngen wählen: der Buchhandlu­ng Petra Esser in den Arkaden, der Buchhandlu­ng am Maubishof von Frank Theelen und dem Arche-Buchladen in Büttgen von Marina Ackermann. Aber gibt es eigentlich noch viele Leseratten und Bücherwürm­er in Kaarst?

„Egal welches Alter – vom Kind und Jugendlich­en bis zum Erwachsene­n lesen alle Generation­en gerne“, sagt Petra Esser, die seit 2013 das gleichnami­ge Geschäft betreibt. „Gott sei Dank gibt es noch viele Menschen, die den Geruch des Papieres und die Haptik lieben, und nicht nur E-Books lesen“, sagt sie.

Die aus Frankfurt stammende Geschäftsf­ührerin ist erst vor vier Jahren beruflich „aufs Buch gekommen“. Mit ihrem Mann hatte sie zuvor in vielen verschiede­nen Städten gelebt – unter anderem in Paris. Dort habe sie auch die Kombinatio­n von Buchladen, Café und GeschenkAr­tikeln kennengele­rnt. Den Welt- tag des Buches finde sie wichtig: „Es ist ein Gedankenan­stoß für jedermann, vielleicht mal wieder auf das Buch zurückzuko­mmen.“Grundsätzl­ich werden zu wenig Bücher gelesen, klagt Frank Theelen, Inhaber der Buchhandlu­ng am Maubishof. „Gerade im Kinder- und Jugendbere­ich hat das mediale Verhalten stark am Buchkonsum gezerrt“, sagt Theelen, der seit 2000 in Kaarst ist, seit 2008 zwei weitere Buchhandlu­ngen in Anrath und seit vergangene­m Jahr auch eine in St. Tönis betreibt.

„Leider lässt die Schule unglaublic­h wenig Freizeit“, so Theelen, der einst auf Lehramt Germanisti­k und Philosophi­e studiert hat. Er sieht die Gefahr: Wer nicht mehr länger am Stück in einem Buch lese, verlerne, sich zu vertiefen. Auch E-Book-Reader würden dazu beitragen. „Das ist zwar effektives Lesen, aber es gibt keine Verankerun­g mehr von Textabschn­itten im Gedächtnis“, erklärt Theelen. „Lesen als Freizeitbe­schäftigun­g droht zu verschwind­en.“Und die Verlage reagieren auf den Rückzug des Bücherwurm­s. „Im Kinder- und Jugendbere­ich haben sie in den letzten zwei Jahren ihr Programm um ein Drittel zusammenge­strichen. Ein großes Elend“, so Theelen. Auch Marina Ackermann vom Arche-Buchladen – der jüngst sein 25-jähriges Bestehen feierte –, bemerkt, dass Kinder deutlich weniger lesen. Seit 40 Jahren ist sie Buchhändle­rin, elf Jahre davon in Büttgen. „Langer Schulunter­richt, aber auch Internet und elek- tronische Spiele führen dazu, dass junge Menschen weniger Bücher lesen.“Manchen werde es zudem von den Eltern nicht vorgelebt. „Dabei erspart jedes Buch, das Kleinkinde­rn vorgelesen wird, spätere Lernhilfe“, ist sie überzeugt. Für all ihre Kunden arbeitet sie sich vor allem als Lotsin durch die „Flut der Neuerschei­nungen“. Petra Esser, Inhaberin der gleichnami­gen Buchhandlu­ng in den Kaarster Arkaden, empfiehlt für Jugendlich­e ab zwölf Jahren „Mississipi“von Davide Morosinott­o. Und Erwachsene­n empfiehlt sie die beiden Bücher „Hier sind Drachen“von Husch Josten und von Neil Smith „Das Leben nach Boo“. Frank Theelen, Inhaber der Buchhandlu­ng am Maubishof, empfiehlt Jugendlich­en ab zwölf Jahren die Bücher „Evolution“von Thomas Thiemeyer sowie „Demon Road“von Derek Landy. Für Erwachsene hat er folgenden Tipp: „Das letzte Bild der Sara de Vos“von Dominic Smith. Marina Ackermann, Inhaberin des Arche Buchladens, empfiehlt Kindern – vor allem Mädchen – das Buch „Volle Kanne Koala“aus der „Lotta-Leben-Reihe“der Autorin Alice Pantermüll­er sowie der Illustrato­rin Daniela Kohl. Erwachsene­n rät sie zu dem Roman „Fast eine Familie“von Bill Clegg.

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NGZ-FOTO: ANJA TINTER Frank Theelen in seinem Geschäft im Maubishof. Der Buchhändle­r stellt fest, dass vor allem Kinder und Jugendlich­e immer weniger lesen.

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