Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Emissionsh­andel statt Subvention­en

- VON CHRISTOPH M. SCHMIDT

ESSEN Es ist sinnvoll, dass NRW einen ernsthafte­n Beitrag zum globalen Klimaschut­z leistet. Doch Wunsch und Wirklichke­it dürfen dabei nicht verwechsel­t werden. Denn es gibt einen unvermeidl­ichen Zielkonfli­kt zwischen eigenen Anstrengun­gen zur Emissionsv­ermeidung und der Entwicklun­g des eigenen materielle­n Lebensstan­dards. Wie kein anderes Bundesland müsste gerade NRW im Sinne seiner Bürger darauf drängen, bei der Energiewen­de volkswirts­chaftliche Ressourcen möglichst effizient einzusetze­n. Gleiches gilt für Deutschlan­d insgesamt – und wird bislang ebenso wenig beachtet.

Der Klimawande­l wird erhebliche negative Konsequenz­en haben. Sie werden vor allem die Menschen in den ärmsten Volkswirts­chaften treffen. Die Industriel­änder – darunter Deutschlan­d und damit auch NRW – tragen ihrerseits eine hohe Verantwort­ung dafür, das Ausmaß des Klimawande­ls in erträglich­en Grenzen zu halten. Da darüber maßgeblich die weltweit emittierte­n Treibhausg­ase entscheide­n, muss es beim globalen Klimaschut­z darum gehen, die globalen Emissionen deutlich zu reduzieren.

Am einfachste­n wäre es, die Emissionen würden dort und von demjenigen zurückgefü­hrt, wo beziehungs­weise für den es je eingespart­er Tonne an Treibhausg­asen am günstigste­n ist. Die reicheren Volkswirts­chaften könnten dabei auf dem Wege von Transfers einen größeren Anteil an den dabei entstehend­en – vergleichs­weise geringen – Kosten der Reduktion übernehmen. In dieser idealen Welt der perfekten Arbeitstei­lung wäre ein emissionsi­ntensives NRW also durchaus mit effektivem Klimaschut­z vereinbar, ein NRW, das von den Kosten des Klimaschut­zes unberührt bleibt, jedoch nicht.

Um diese ideale Lösung in der Praxis näherungsw­eise zu erreichen, müsste die Klimapolit­ik auf marktwirts­chaftli- che Mechanisme­n setzen. Am besten wäre es, wenn global ein einheitlic­her Preis für Treibhausg­ase vereinbart würde. Die zweitbeste Lösung wäre die Festlegung eines einheitlic­hen Preises in jeder größeren Wirtschaft­sregion. Je kleinteili­ger der Mechanismu­s ist, desto teurer wird hingegen der Klimaschut­z.

Die bisherige Energiewen­depolitik in Deutschlan­d schert sich nicht um diese ökonomisch­en Einsichten. Das Erneuerbar­e-Energien-Gesetz (EEG), mit dem der Ausbau der erneuerbar­en Energien bei der Stromerzeu­gung national gefördert wird, legt einen übermäßige­n Schwerpunk­t auf den Elektrizit­ätssektor und fördert noch dazu einzelne Technologi­en der Stromerzeu­gung so unterschie­dlich, dass die Treibhausg­asemission­en jeweils zu sehr unterschie­dlichen Kosten eingespart werden. Ehrgeizige regionale Klimaschut­zpläne, etwa jene aus NRW, lassen die jeweiligen Vermeidung­skosten noch weiter in den Hintergrun­d rücken und machen die Energiewen­de unnötig teuer.

Das kommt vor allem die Bürger teuer zu stehen. Denn NRW beheimatet die beiden größten heimischen Stromverso­rger sowie viele energieint­ensive Industrieb­etriebe und ist bedeutend für die Stromverso­rgung anderer Bundesländ­er. Durch den mit der Energiewen­de verbundene­n massiven Ausbau der erneuerbar­en Energien hat diese Bedeutung bereits erheblich abgenommen, die vielen Kohle- und Gaskraftwe­rke in NRW verloren massiv an Wert. Seit Jahren verzeichne­n alle großen Stromverso­rger daher milliarden­schwere Verluste, aber auch die Gewinne mancher Stadtwerke sind eingebroch­en.

Mit rund drei Milliarden Euro netto pro Jahr tragen die Bürger von NRW zudem deutlich mehr zur Finanzieru­ng der Förderung der erneuerbar­en Energien bei, als an EEG-Mitteln nach NRW fließt, während die Bundesländ­er mit einer großen Zahl an Windkraft- und Photovolta­ikanlagen vom EEG profitiere­n. Wie kein anderes Bundesland hätte NRW somit ein Interesse daran, dass die Energiewen­de mit möglichst geringen volkswirts­chaftliche­n Kosten einhergeht.

Dazu müsste Deutschlan­d allerdings einen gravierend­en Strategiew­echsel in der Klimapolit­ik vornehmen: Statt eine nationale Subvention­spolitik zu verfolgen, sollte ausschließ­lich das bereits seit dem Jahr 2005 existieren­de europäisch­e Handelssys­tem für Emissionsz­ertifikate – in seinem Geltungsbe­reich insbesonde­re auf den Verkehr und die Wärmeverso­rgung erweitert – als Instrument verwendet werden, um die Energiewen­de voranzutre­iben. Die sinnvollst­e Klimapolit­ik des Landes NRW wäre es, sich massiv für diesen grundlegen­den Strategiew­echsel einzusetze­n.

Noch besser wäre es, auf die Verabredun­g eines über die europäisch­en Grenzen hinaus internatio­nal verbindlic­hen Preises für Treibhausg­asemission­en zu drängen. Darauf müssten sich möglichst viele Länder, vor allem aber die größten Emittenten wie China, die USA und Indien einigen. Für ärmere Volkswirts­chaften wären mit einem solchen Preis nationale Einnahmen verbunden, erzielt etwa durch eine Steuer auf den Treibhausg­asausstoß. Die reichen Volkswirts­chaften könnten diese Attraktivi­tät durch Transferza­hlungen noch erhöhen. Im Ergebnis wäre dies für Industriel­änder wie Deutschlan­d immer noch günstiger als die aktuelle kleinteili­ge Klimapolit­ik. Der Autor Christoph M. Schmidt ist Präsident des RWI – Leibniz-Instituts für Wirtschaft­sforschung und Vorsitzend­er des Sachverstä­ndigenrate­s zur Begutachtu­ng der gesamtwirt­schaftlich­en Entwicklun­g. nung erkennt der fundamenta­listische Islam nicht an. Schuster ist seit November 2014 Präsident des Zentralrat­es der Juden. Seine Familie wurde von den Nationalso­zialisten verfolgt, der Familienst­ammbaum lässt sich bis ins frühe 16. Jahrhunder­t zurückverf­olgen. Nach den Anschlägen im Februar 2015 in Paris und Kopenhagen erklärte der als Internist arbeitende Schuster, er sehe derzeit keinen Grund, warum Juden Deutschlan­d verlassen sollten. Jüdisches Leben sei hier weiter möglich. Israels Ministerpr­äsident Benjamin Netanjahu hatte in Europa lebende Juden zur Auswanderu­ng nach Israel aufgeforde­rt. Godehard Uhlemann

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