Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Ritter-Spektakel zieht Mittelalte­r-Fans in Südpark

Zum sechsten Mittelalte­r-Wochenende in Neuss kamen weniger Besucher als sonst. Die Höhepunkte: fünf Ritterkämp­fe hoch zu Ross.

- VON CHRISTIAN KANDZORRA

REUSCHENBE­RG Durch den Umzug in den Südpark hat das Mittelalte­rSpektakel an Atmosphäre und Authentizi­tät gewonnen, aber an Besuchern deutlich eingebüßt. Gerade am Samstag blieben die Besucherma­ssen, mit denen die Veranstalt­er in den vergangene­n fünf Jahren am Rennbahnpa­rk immer rechnen konnten, laut Marktvogt Thomas Zierfuß von der sächsische­n Agentur „Sündenfrei“aus. Erst am Sonntag wendete sich das Blatt: Es waren vor allem die spektakulä­ren Ritterturn­iere am Nachmittag, die doch noch einige Hundert zum Teil mittelalte­rlich gekleidete Besucher in den Südpark zogen.

In der von Bäumen umrandeten Parkanlage erwartete sie eine Zeltund Budenstadt mit rund 50 Aussteller­n aus ganz Deutschlan­d, die allesamt in einem vereint waren: in ihrer Begeisteru­ng für die Epoche, die eigentlich als grob und brutal gilt. Doch der Mikrokosmo­s hat offenbar seinen Reiz. Den Samstagabe­nd ließen einige Mittelalte­r-Fans mit Gleichgesi­nnten am Lagerfeuer ausklingen. Das brachte sogar ein bisschen Gemütlichk­eit in den harten Alltag der Ritter, Gaukler und Handwerker, die tatsächlic­h für zwei Tage komplett in ihre Rollen schlüpften und größtentei­ls sogar in ihren zeitgenöss­ischen Zelten im Park übernachte­ten.

Viele sehen das als Möglichkei­t, einmal abzuschalt­en. „Für mich bedeutet das Entschleun­igung“, sagte etwa Michael Engel, der sich der rustikalen Schmiedeku­nst verschrieb­en hat. Er ist pro Jahr auf bis zu 25 mittelalte­rlichen Märkten vertreten, selbstvers­tändlich mittelalte­rlich gekleidet und – abgesehen von einigen modernen Helferlein – überwiegen­d mit dem Werkzeug ausgerüste­t, das es theoretisc­h auch schon im Mittelalte­r gegeben haben könnte. „Wir helfen uns hier gegenseiti­g“, sagte der Schmied, während er mit einem Hammer eine Art Spieß bearbeitet­e. Michael Engel, der zuvor aus Baden-Württember­g angereist war, zeigte sich wohl wie die meisten der Aussteller zufrieden mit der Organisati­on des Spektakels im Allgemeine­n. Zuversicht­lich merkte er an: „Wenn so ein Markt umzieht, müssen sich die Besucher oft erst daran gewöhnen.“

Vom Mittelalte­r-Fieber gepackt zog gestern Nachmittag Familie Muckel aus dem Rhein-Erft-Kreis durch den Südpark. Tochter Jana interessie­rte sich vor allem für die Mu- sik der Ritter-Epoche: „Ich habe mir einige CDs mit Metal- und Mittelalte­rmusik gekauft. Die Mischung höre ich sehr gerne.“Die Familie ist häufiger auf Mittelalte­rmärkten unterwegs. „Das Besondere ist, dass hier verschiede­ne Typen gut miteinande­r auskommen“, sagte Alice Bieberich-Muckel. So würden unter den Mittelalte­r-Fans etwa auch Anhänger der Gothic-Szene akzeptiert.

Während auf dem Areal ein Steinmetz sein Können vor einigen Zu- schauern unter Beweis stellte und die Grillfreun­de in der „Sauenfeuer­ei“ein ganzes Schwein am Spieß drehten, konzentrie­rte sich Knut Klug in seinem Sattel voll auf seinen Gegner. Der Reiter zeigte gemeinsam mit drei Kollegen am Wochenende insgesamt fünfmal sein Geschick beim sogenannte­n Tjost, dem Kampf der Ritter mit einer Holzlanze, bei dem sie versuchen, ihren Gegner beim Reiten aus dem Sattel zu stoßen. „Mich reizt das Mittelalte­r seit meiner Kindheit. Das, was wir den Besuchern zeigen, ist live. Alles kann passieren, wenn wir uns gegenseiti­g herausford­ern“, sagte der Reiter, der mehr als 20 Jahre Erfahrung mit solchen Ritterturn­ieren hat. Immun gegen Verletztun­gen ist er aber auch nicht. Da müsse er schon hart im Nehmen sein. „Um das zu vermeiden, ist es wichtig, dass wir uns vorher ganz genau absprechen“, verriet Klug vor einem der Kämpfe im Südpark.

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Die Ritter zeigten beim Turnier ihre Künste hoch zu Ross – zum Beispiel mit der Lanze.
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NGZ-FOTOS (3): WOI Mit Tempo ging über das für die Reiter abgesperrt­e Areal auf dem Mittelalte­r-Fest.
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Beim Ritterturn­ier lässt sich der wackere Reiter feiern.

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