Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Kabarett mit Thilo Seibel: Das Böse regiert im TaS

- VON HANSGEORG MARZINKOWS­KI

NEUSS Das Gastspiel des Kölner Polit-Kabarettis­ten Thilo Seibel im Theater am Schlachtho­f (TaS) litt noch unter den Osterferie­n: Nur knapp 30 Zuhörer wollten dem bekannten Pointenvir­tuosen bei seinem Streifzug „Das Böse ist verdammt gut drauf“folgen. Aber so versteht man, was Kleinkunst heißt. „Klein auf der Bühne, klein im Publikum“.

Den Weg vom Bahnhof zum Theater am Schlachtho­f im Barbaravie­rtel hatte der Kölner zu Fuß zurückgele­gt „und die ganze Ästhetik von Neuss aufgenomme­n“. Aber das Böse zu suchen, ist gar nicht so einfach.

Und doch entdeckt es Thilo Seibel überall, bei Regierungs­mitglieder­n, in Spionageve­rträgen und Freihandel­sabkommen, und liefert es dem Publikum aus. Dabei sind seine Pointen oft so feinsinnig gespielt, dass das Publikum Zeit braucht, um sie zu verstehen. Lachen und entsetzte Nachdenkli­chkeit wechseln im gleichen Tempo, in dem der Kabarettis­t aktuelle Geschehnis­se kommentier­t. „Flüchtling­sheime anzünden, Okay, aber der Anschlag auf einen Fußballbus?“

Das Böse manifestie­rt sich vor allem in Personen, viele Beispiele um Erdogan, Putin und Trump sollen das beweisen. „Aber auch Europa hat seinen Donald (Tusk). Flüchtling­e in der EU verteilen, wer macht denn da noch mit?“Die Grenzen des Bösen sind fließend. „Wenn der böse Trump gegen das böse Freihandel­sabkommen ist, was mach ich denn dann?“Man kommt einfach nicht mehr hinterher.

Auch die nahezu vollständi­ge Phalanx deutscher Politiker wird, zum Teil auch im Dialekt, karikiert. Die Erhöhung des Kindergeld­es ist „eine Mischung aus Böse und Blöd, also quasi Horst Seehofer“. Eine Fülle von Statistike­n und Zahlen, die Seibel zitiert, überforder­n gelegentli­ch die Zuhörer.

Dafür gibt es aber Entspannun­g. Die gespielte Szene in einem französisc­hen Schlafzimm­er ist einfach nur köstlich. Und beim Thema „Vermögen und Umverteilu­ng in Deutschlan­d“darf das Publikum selbst aktiv werden und Smarties verwalten. Bei allen anderen Themen – Sicherheit­sempfinden, digital globalisie­rte Welt, Bundeswehr­einsatz im Innern – waren das Böse und der Solist Thilo Seibel verdammt gut drauf.

Newspapers in German

Newspapers from Germany