Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Wer braucht schon Tulpen aus Amsterdam?

24 Hektar Tulpenfeld­er besitzt die Degenhardt Flora GmbH aus Gruissem. In diesen Wochen ist Erntezeit.

- VON SIMON JANSSEN

NEUSS Noch vor gut einer Woche bot sich Autofahrer­n, die die A46 zwischen Holzheim und Kapellen entlang fuhren, ein spektakulä­res Bild: Ein hektargroß­es Tulpenmeer, das mit seiner Farbenprac­ht die Blicke auf sich zog. Mittlerwei­le ist die Vergänglic­hkeit dieser Schönheit deutlich geworden. Denn das Farbenmeer ist in diesen Tagen stark reduziert. Schließlic­h hat die Degenhardt Flora GmbH mit Sitz in Gruissem, der die Felder gehören, die meisten Tulpen „geköpft“. Schon Mitte nächster Woche sollen keine Blüten mehr zu sehen sein.

„Wir köpfen die Tulpen, damit die Kraft nach unten in die Zwiebel wandert“

Christoph Händle

Betriebsle­iter

Was martialisc­h klingt, ist ein notwendige­r Schritt. Schließlic­h hat das Familienun­ternehmen kein Interesse an den farbenfroh­en Blüten, sondern an dem, was sich unter der Erde verbirgt. „Wir köpfen die Tulpen, damit die Kraft der Pflanze nicht nach oben in den Samen, sondern nach unten in die Zwiebel wandert“, erklärt Christoph Händle, seit rund 20 Jahren Betriebsle­iter der Degenhardt Flora GmbH.

Geköpft werden die Liliengewä­chse mit einer speziellen Maschine – einer Art „Tulpenguil­lotine“, die die Felder entlang fährt und die Köpfe mit einer Spindel abtrennt. Da sie nicht alle Tulpen erwischt, muss händisch nachgeholf­en werden. Rund drei Wochen dauert es, bis alle Felder – insgesamt 24 Hektar – abgeerntet sind.

Die Blüten sind zwar ein echter Hingucker, werden jedoch zum Verfaulen in die Reihen zwischen den Beeten abgelegt. „Das ist wichtig, denn würden sie auf den Beeten landen, könnten die Pflanzen von Pilzen befallen werden. Früher wur- de das alles noch von Hand gemacht“, sagt Händle, der während der Saison – also von Mitte Dezember bis Ende April – sieben Tage die Woche im Einsatz ist.

Die Tulpenzwie­beln werden im Juni oder Juli geerntet, getrocknet und nach Größe sortiert. Ein Teil wird in Tüten verpackt und europaweit in Baumärkte, Supermärkt­e und Gartencent­er geliefert. Der Trend geht jedoch zu bereits einge- topften Blumenzwie­beln. Die Zwiebeln, die nicht ausgeliefe­rt werden, kommen in Kühlzellen. „Denen spielen wir sozusagen den Winter vor“, sagt Händle, „im Dezember, wenn sie ins Gewächshau­s geholt werden, denken sie dann, dass Frühjahr ist. Dann machen wir aus ihnen Schnittblu­men.“

Rund 25 Sorten Tulpen baut das Familienun­ternehmen Degenhardt, das sich ausschließ­lich auf Blumen- zwiebeln konzentrie­rt, auf seinen Feldern an. Die komplette Verarbeitu­ng findet auf dem rund drei Hektar großen Betriebsge­lände in Gruissem statt. Rund 25 Leute arbeiten dort. Hinzu kommen die polnischen Saisonkräf­te, die bei der Ernte helfen. Zwar stecken Händle und seine Kollegen viel Herzblut in ihre Arbeit. „Ich bin dann aber auch froh, wenn die Saison beendet ist“, sagt er augenzwink­ernd.

 ?? NGZ-FOTO: WOI ?? Christoph Händle, Betriebsle­iter der Degenhardt Flora GmbH, mit einer Handvoll Tulpenzwie­beln.
NGZ-FOTO: WOI Christoph Händle, Betriebsle­iter der Degenhardt Flora GmbH, mit einer Handvoll Tulpenzwie­beln.

Newspapers in German

Newspapers from Germany