Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Nachbar wird zum Lebensrett­er

Der Bewohner eines Mehrfamili­enhauses in Weckhoven bemerkte den Brand in einer benachbart­en Wohnung und reagiert schnell.

- VON CLEMENS BOISSEREE

WECKHOVEN Ruß an der Fassade des Mehrfamili­enhauses ist noch sichtbar, seine Wohnung muss HansWilli Steinfort auch am Donnerstag noch Stoßlüften. Alles riecht nach Rauch. Hier, an der Hoistener Straße im Neusser Stadtteil Weckhoven, wäre es in der Nacht zu Dienstag beinahe zur Katastroph­e gekommen. Dass es letztlich nur einen leichtverl­etzten Bewohner und Sachschade­n gab, ist vor allem dem 41-Jährigen zu verdanken.

Es ist kurz nach 23 Uhr, als Steinfort am Computer sitzt und plötzlich das Signal eines Brandmelde­rs bemerkt. Er tritt vor seine Haustür im zweiten Obergescho­ss, sucht nach der Quelle des Geräuschs und wird schließlic­h vor der Nachbarswo­hnung eine Etage tiefer fündig: Brandgeruc­h liegt in der Luft.

Seit 27 Jahren ist Steinfort bei der Freiwillig­en Feuerwehr Hoisten aktiv. Jetzt reagiert der Hauptbrand­meister, wie er es selbst schon häufig gelehrt hat. „Ich hatte mein Handy dabei und habe sofort die Kollegen alarmiert“, beschreibt der Neusser. „Danach habe ich an den Türen der Nachbarn geschellt und geklopft. Die meisten haben schon geschlafen, niemand hat den Brandmelde­r bemerkt.“

Elf Parteien leben in dem Mehrfamili­enhaus auf vier Etagen. Einer von ihnen ist der 13-jährige Maik, „der wahre Held der Geschichte“, wie Steinfort sagt. „Er hat perfekt reagiert.“Denn der Nachbarsju­nge hilft Steinfort, den verletzten Bewohner der Brandwohnu­ng aus dem Haus zu tragen. Zuvor hatte sich das Opfer selbst bis zur Wohnungstü­r geschleppt. „Als er die öffnete, kam sofort dichter, schwarzer Rauch raus“, schildert Steinfort.

Vor der Haustür betreut Maik den 31-Jährigen, bis die Rettungskr­äfte – darunter Steinforts Kollegen aus Hoisten – vor Ort sind. Mit einer schweren Rauchvergi­ftung kommt der Mann ins Krankenhau­s. Laut Polizeiang­aben deutet bislang vieles daraufhin, dass der Mieter selbst für das Feuer verantwort­lich ist, genauere Angaben wollte ein Sprecher mit Verweis auf laufende Ermittlung­en nicht machen. „Er sagte noch, er sei im Bad gewesen und habe den Brandmelde­r nicht gehört“, berichtet Steinfort, der den Nachbar eine Etage tiefer bis zu dieser dramatisch­en Nacht nur flüchtig begegnet war.

Seit seiner Rettungsta­t kennt jeder Hausbewohn­er Steinfort. Auch der Vater des Opfers kam zu Besuch, um sich zu bedanken. „Dabei haben wir festgestel­lt, dass er früher mein Berufsschu­llehrer war“, erzählt der gelernte Installate­ur und schmunzelt über den Zufall.

Als großer Held will sich der 41Jährige aber nicht dargestell­t sehen. Stattdesse­n nutzt er die Öffentlich­keit für einen Appell: „Nicht ich, sondern die Rauchmelde­r haben hier Leben gerettet. Sie gehören zwingend in jede Wohnung.“

Nur so könnten aufmerksam­e Nachbarn überhaupt zu Lebensrett­ern werden.

„Die meisten haben schon geschlafen, niemand hat den Brandmelde­r bemerkt“

Hans-Willi Steinfort

Hauptbrand­meister

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NGZ-FOTO: WOI Seit 27 Jahren ist Hans-Willi Steinfort bei der Freiwillig­en Feuerwehr Hoisten aktiv. Jetzt reagierte der Hauptbrand­meister, wie er es selbst schon häufig gelehrt hat – und wurde zum Retter.
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NGZ-FOTO: BOTHE Die Einsatzkrä­fte der Feuerwehr konnten den Brand schnell unter Kontrolle bringen.

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