Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Alles Düstere zum Muttertag!

Was tut eine Mutter für ihr Kind, weil sie es liebt – und was eben deshalb nicht? Darum geht es im „Polizeiruf 110“.

- VON BARBARA GROFE

FRANKFURT/ODER Schick ist nichts in diesem Ort. Er hat keine Bürgerstei­ge, Regenwasse­r steht in den tiefen Kuhlen des Kopfsteinp­flasters, die Häuser sind trauriggra­u und die Menschen, die in ihnen leben, irgendwie auch. Wäre Depression ein Ort und kein Krankheits­bild, sie wäre dieser: Wüsterow in der nördlichen Uckermark, wo nur zwei Mal am Tag ein Bus hält und die Menschen von ihrem Elend wegfährt. Dort spielt der dritte „Polizeiruf“des Ermittlerd­uos Maria Simon und Lukas Gregorowic­z, die im Film Olga Lenski und Adam Raczek heißen und beim deutsch-polnischen Kommissari­at für Tötungsdel­ikte in Swiecko arbeiten. Fans vom Münster-Ulk-Tatort dürften mit diesem Polizeiruf „Muttertag“nicht wirklich viel anfangen können.

Die beiden sehr ungleichen Ermittler – Lenski erzieht ihre vierjährig­e Tochter alleine, Raczek ist Verfechter der Theorie, dass Frauen daheim bei ihren Kindern bleiben sollten – werden nachts verständig­t, weil eine Leiche in der Nähe von Szczecin (polnisch Stettin) im Wald gefunden wurde. Das Opfer ist der Pole Janusz Kubiak, ein Tischler mit Frau und zwei Kindern, der offenbar ein Verhältnis mit der jungen Deutschen Sabrina Uhl hatte. Uhl wird kurz nach Kubiaks Tod von ihrer Mutter als vermisst gemeldet. Ihr Auto kann gefunden werden, Uhl bleibt verschwund­en. Enrico Schoppe, ein Freund der Toten, gerät unter Tatverdach­t und schweigt beharrlich – genau wie seine Mutter Heidi (Ulrike Krumbiegel).

Toll an diesem Polizeiruf sind die Schauspiel­er: die sehr ruhige Maria Simon, der latent herablasse­nd spielende Lukas Gregorowic­z, die verzweifel­t liebende Ulrike Krumbiegel und Anton Spieker, der zu jedem Zeitpunkt wirkt, als ex- oder implodiere er gleich. Toll an diesem „Polizeiruf“ist auch: Die Ermittler mitsamt ihren privaten Problemen stehen nicht zu sehr im Vordergrun­d. Der Zuschauer erfährt zwar, dass Olga Lenski ihre kleine Tochter nur schwer betreut bekommt, dass sie ein schlechtes Gewissen hat, weil sie wegen des Jobs von Potsdam an die polnische Grenze gewechselt ist. Und sie hat Probleme, weil ihre Kollegen genervt sind von den logistisch­en Schwierigk­eiten im Leben ei- ner Alleinerzi­ehenden. Er erfährt auch etwas über die Dynamik zwischen den Ermittlern, die sich zunächst siezen, dann duzen und später wieder zum Sie zurückkehr­en. Aber am Ende steht all das nicht im Fokus, sondern läuft einfach mit.

Der Fokus in „Muttertag“liegt auf dem sehr ärmlichen Leben der Bewohner dieses fiktiven Örtchens Wüsterow, deren Existenz pendelt zwischen verzweifel­ter Jobsuche, prekären Beschäftig­ungsverhäl­tnissen und Arbeitslos­igkeit. Er liegt auf den drei Müttern und der Frage, was man für sein Kind tut, weil man es liebt, oder was vielleicht auch gerade nicht.

Und es geht um die Frage, wo noch der Mut herkommen soll in so verdammt mutlosen Zeiten. „Polizeiruf 110: Muttertag“, Das Erste, So., 20.25 Uhr,

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FOTO: RBB/OLIVER FEIST Die Schauspiel­er Lukas Gregorowic­z und Maria Simon ermitteln erst in ihrem dritten Fall zusammen an der deutsch-polnischen Grenze.

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