Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Machtwechsel in NRW
lang nur den CDA-Vorsitzenden Karl-Josef Laumann.
Die Sozialdemokraten verbuchen in ihrer einstigen Hochburg wohl ihr schlechtestes Ergebnis seit der Gründung Nordrhein-Westfalens. Eine sichtlich gezeichnete Hannelore Kraft gratulierte Laschet zum Wahlerfolg und wünschte ihm „eine gute Hand für unser Land“. „Die Entscheidungen, die getroffen worden sind, dafür übernehme ich persönlich die Verantwortung. Deshalb werde ich mit sofortiger Wirkung von meinem Amt als Landesvorsitzende der SPD und als stellvertretende Bundesvorsitzende zurücktreten, damit die NRW-SPD eine Chance auf einen Neuanfang hat.“
Von einer „ krachenden Niederlage“sprach der SPD-Vorsitzende Martin Schulz. „Das ist ein schwerer Tag für die SPD, ein schwerer Tag auch für mich persönlich“, so der Kanzlerkandidat der Sozialdemokraten in Berlin. Es blieben aber noch gut vier Monate bis zur Bundestagswahl. Er selbst habe sich vorgenommen, konkreter zu sagen, wofür er stehe. Auch in den Wahlumfragen für den Bund war die SPD zuletzt wieder abgesackt auf einen Zehn-Punkte-Abstand zur Union.
Die Verantwortung für die Niederlage schob der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, auf die NRW-SPD: „NRW wollte, dass wir keine bundespolitischen Themen fahren in dieser Zeit. Sie glaubten, damit die Wahl auch gewinnen zu können. Das hat sich als Irrtum gezeigt.“NRW-Verkehrsminister Michael Groschek (SPD) warf der CDU vor, mit Stimmungen statt mit politischen Inhalten Wahlkampf gemacht zu haben.
Nach Ansicht von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) „ist der berühmte Schulz-Effekt ein Thema von vorgestern“. Zwar habe es sich um eine Landtagswahl mit Landesthemen gehandelt. Auffällig sei jedoch, dass die CDU zuvor auch bei den Landtagswahlen im Saarland und SchleswigHolstein erfolgreich gewesen sei.
CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn rät seiner Partei, das Erfolgsmodell des NRW-Wahlkampfs auch im Bund zu nutzen. „Wir haben in NRW mit Armin Laschet einen klaren inhaltlichen Fokus auf innere Sicherheit und mehr wirtschaftliche Dynamik gelegt“, sagte Spahn unserer Redaktion. „Die Themen sollten wir auch mit in die Bundestagswahl nehmen und nach vorne stellen.“
Auch die Vorsitzende der NRWGrünen, die bisherige Schulministerin Sylvia Löhrmann, will in der künftigen NRW-Landtagsfraktion ihrer Partei nach den deutlichen Stimmenverlusten bei der Landtagswahl kein Amt mehr übernehmen. „Den Anteil, den ich an dieser Niederlage habe, den nehme ich auch an.“Drastische Worte wählte die Spitzenkandidatin der Grünen für die Bundestagswahl, Katrin Göring-Eckardt: „Die Wahl in NRW ist für uns ein deprimierendes Ergebnis – ein Schlag in die Magengrube.“
Die Linkspartei, die zunächst nicht über 4,9 Prozent hinaus kam, hielt der SPD einen zu strengen Abgrenzungskurs vor. Es habe den Sozialdemokraten nichts gebracht, eine Zusammenarbeit mit den Linken auszuschließen, sagte LinkenChef Bernd Riexinger. Sechs Sonderseiten zur NRW-Wahl
Die FDP feierte mit fast 13 Prozent ihr bestes NRW-Ergebnis seit mehr als 60 Jahren. Für FDP-Landes- und Bundeschef Christian Lindner bedeutet eine Mehrheit von CDU und FDP aber nicht zwangsläufig auch eine Koalition dieser beiden Parteien. „Es könnte sein, dass es eine schwarz-gelbe Mehrheit gibt. Eine schwarz-gelbe Mehrheit heißt aber nicht, dass es eine schwarz-gelbe Regierung gibt.“Die CDU habe mehr Wahlkampf gegen die FDP als gegen die SPD gemacht. Er nehme das aber sportlich, so Lindner.
Auch in NRW hat die AfD mit gut sieben Prozent auf Anhieb den Einzug in den Landtag geschafft. „Spitzenkandidat Marcus Pretzell gab sich selbstbewusst: „Wir werden ehrliche, klare Opposition machen und den Finger in die Wunde legen, so wie die das noch gar nicht kennen. Herr Laschet wird sich noch umgucken.“
Die Piraten müssen sich aus ihrem letzten Landtag verabschieden. Sie kamen nur noch auf etwa ein Prozent. Die Wahl hat die Menschen in NRW deutlich stärker mobilisiert als in den vergangenen Jahren – ein Effekt, der jüngst bei mehreren Landtagswahlen zu beobachten war: 66 Prozent der Bürger gaben ihre Stimme ab, vor fünf Jahren waren es nur 59,6 Prozent gewesen.