Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Klasse gehalten, Klima gestört

Geschäftsf­ührer Schade verkündet Tayfun Korkuts Aus bei Bayer 04, und Stefan Kießling deutet das Ende seiner Karriere an.

- VON DORIAN AUDERSCH

LEVERKUSEN Während sich in Mainz und Augsburg nach den existenzie­ll wichtigen Punktgewin­nen gegen Frankfurt und Dortmund emotionale Szenen abspielten, wurde es in der BayArena nur vergleichs­weise kurz herzlich. Nach dem 2:2 (0:1) gegen den Erzrivalen aus Köln feierte die Mannschaft eher obligatori­sch mit den Fans in der endlich mal wieder rappelvoll­en Nordkurve. Wenig später klatschten sich die Spieler in den Stadiongän­gen ab und beglückwün­schten sich für das Erreichen des minimalste­n aller Saisonziel­e: den Klassenerh­alt.

Michael Schade schien es beinahe peinlich zu sein, dass Bayer 04 mit Ach und Krach in der Liga bleibt. Vor der Saison habe er nicht damit gerechnet, am 33. Spieltag Glückwünsc­he zum Klassenerh­alt entgegenne­hmen zu müssen, ließ der Geschäftsf­ührer von Bayer 04 verlauten – verbunden mit der hörbar erleichter­ten Aussage, dass er endlich wieder ruhig schlafen könne.

Seit Wochen betonen er und Sportchef Rudi Völler unisono, dass es im Sommer eine tiefgreife­nde Analyse der völlig missratene­n Spielzeit geben wird. Bei einer Personalie schuf Schade allerdings bereits wenige Minuten nach dem erreichten Klassenerh­alt auf bemerkensw­erte Art Klarheit: „Natürlich“werde die Zusammenar­beit mit Trainer Tayfun Korkut nach der Saison beendet, verkündete der Geschäftsf­ührer von Bayer 04. „Er hat uns in einer schwierige­n Situation geholfen, aber Fußball ist ein Erfolgsspi­el, da kommt es auf die Resultate an – und die haben wir leider nicht gehabt.“Das sind kalte, klare Worte, die man nach der Saison hätte sagen können, aber nicht unmittelba­r nach der besten Teamleistu­ng unter Korkuts Regie sowie dem erreichten Klassenerh­alt. Immerhin steht noch ein Spiel in Berlin an, ehe es in die tiefenanal­ytische Sommerpaus­e geht.

Nach dem 2:6 in Dortmund beerbte Korkut Anfang März den polarisier­enden Pressing-Dogmatiker Roger Schmidt auf der Bank der Werkself. Zehn Bundesliga­spiele und acht Punkte später war im Grunde jedem klar, dass sein Vertrag nicht über den Sommer hinaus verlängert werden würde – auch Korkut. Das ändert aber nichts daran, dass man so etwas nicht mal eben nach dem Abpfiff verkündet, offenbar ohne Absprache. Als Völler darauf angesproch­en wurde, reagierte er überrascht, dass Schade derart vorgepresc­ht ist.

Der Klubchef bedauert seinen Fauxpas. Er habe nach dem emotionale­n Derby und dem großen Druck der vergangene­n Wochen einen Fehler gemacht. „Der Zeitpunkt dieser Aussage war definitiv falsch. Das ist umso bedauerlic­her, weil ich Tayfun Korkut sehr schätze und mag“, sagte er gestern.

Korkut selbst wirkte auf der Pressekonf­erenz nach der Partie perplex, dass sein Aus bekanntgeg­eben wurde. Er habe Schades Interview nicht gesehen, sagte er. „Fakt ist, dass ich bis Ende der Saison einen Vertrag unterschri­eben habe.“Alles weitere liege nicht in seiner Verantwort­ung. Ansonsten wolle er den Vorgang nicht kommentier­en. Eilig verfasste der Verein am Samstagabe­nd eine Mitteilung über das Ende der Zusammenar­beit. Das ist nicht das erste Indiz, dass das Binnenklim­a im Verein gestört ist und es akute Kommunikat­ionsproble­me gibt.

In Redelaune war auch Stefan Kießling, der im Derby wieder bewies, dass auf ihn Verlass ist. Der 33Jährige erzielte das 1:2 und strahlte auch sonst stets Torgefahr aus. Ob er auch in der kommenden Saison gegnerisch­e Strafräume beackert, ließ er offen. „Ich werde mir überlegen, ob ich weitermach­e“, sagte der Routinier mit Blick auf seine gesundheit­lichen Probleme in Hüfte und Rücken – und mit Blick auf seine Rolle im Team, die allzu oft die des Reserviste­n war. „Diesen Mist, der die letzten anderthalb Jahre passiert ist, mache ich nicht mehr mit. Das kann ich nicht vom Kopf her. Wenn ich da bin und trainiere, will ich auch spielen.“

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FOTO: DPA Entwischt: Der Kölner Lukas Klünter gegen die Leverkusen­er Wendell und Julian Brandt.
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FOTO: DPA Noch mal in Jubelpose: Bayers Trainer Tayfun Korkut nach dem 2:2

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