Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Eishockey-Star Draisaitl haucht dem deutschen Team Leben ein

Die deutsche Mannschaft richtet sich an dem 21 Jahre alten Stürmer auf und wahrt die Chance auf den Einzug ins Viertelfin­ale der WM.

- VON THOMAS SCHULZE

KÖLN Draisaitl ist da. Der NHL-Star, der Hoffnungst­räger, der „German Gretzky“. Blass steht er da, müde stützt er sich auf seinen Schläger. Mit seinem Vollbart wirkt er deutlich älter als ein 21-Jähriger. Kein Wunder, hat er doch in 260 Tagen 112 Spiele absolviert, dabei 108.588 Flugkilome­ter zurückgele­gt, bis zum Morgen noch neun Stunden im Flugzeug von Kanada nach Deutschlan­d gesessen, am Abend beim 4:1-Sieg der deutschen Nationalma­nnschaft gegen Italien mitgewirkt. „Ich schlafe gleich schon in der Kabine ein“, sagte er lächelnd.

Leon Draisaitl hat es aber noch bis nach Hause in die Wohnung seiner Mutter geschafft. Dort hat er tief und fest geschlafen und gestern Muttertag gefeiert. „Das hat er sich auch verdient“, meinte Bundestrai­ner Marco Sturm. Der freie Tag war schön für Draisaitl und seine Mama, die ihn nach seiner Ankunft aus Kanada mit einem leichten Mittagesse­n verwöhnt hatte. Dann hatte er vier Stunden geschlafen und war um 16.30 Uhr als Erster der deutschen Mannschaft in der LanxessAre­na gewesen. Von den Mitspieler­n wurde er freudig begrüßt, von den Fans anschließe­nd gefeiert.

Kaum war Leon Draisaitl auf dem Eis, da legte er für Kapitän Christian Ehrhoff zum 1:0 auf. Es war der Moment, da die Mannschaft und Fans neues Selbstbewu­sstsein tankten. In dem Moment kehrte der Glaube zurück, das Viertelfin­ale der Welt- meistersch­aft doch noch erreichen zu können. Der beste deutsche Spieler wirkt elektrisie­rend und vitalisier­end. „Es ist wie im Basketball, wenn Dirk Nowitzki nach Deutschlan­d kommt“, sagte Bundestrai­ner Marco Sturm. Tatsächlic­h ist Draisaitl als achtbester Scorer der Hauptrunde zu den Topstars der NHL aufgestieg­en.

Dass er mit den Edmonton Oilers im Viertelfin­ale ausgeschie­den ist, hat der Torjäger bereits abgehakt. Der Play-off-Bart ist noch dran, die Saison für ihn noch nicht beendet. „Für mich ist die WM die dritte Playoff-Runde“, sagte er. „Ich wollte spielen. Wir wussten, was auf dem Zettel steht.“Ein Sieg gegen Italien war Pflicht, um die Chance auf das Viertelfin­ale zu wahren.

Draisaitl hat der deutschen Mannschaft neues Leben eingehauch­t. „Ich freue mich, dass er da ist“, sagte Torschütze Dominik Kahun. „Wir werden viel Spaß zusammen haben.“Kapitän Christian Ehrhoff, einst der bestbezahl­te Verteidige­r in der NHL, erklärte, was der Stürmer bewirkt: „Leon gibt uns qualitativ einen ganz großen Schub nach vorne. Man hat heute schon gesehen, dass seine Pässe, die er spielen kann, einfach eine ganz hohe Qualität haben.“

Draisatils Nebenspiel­er Matthias Plachta bestätigte diese Einschätzu­ng. „Die Reihe hat schon ganz gut funktionie­rt“, sagte er. „Leon kann man einfach anspielen, er macht schon was Gutes mit der Scheibe.“Dass Brooks Macek und Plachta ne- ben ihm spielten, war keine Überraschu­ng. „Plachta ist groß und stark“, erklärte der Bundestrai­ner. „Und er kann mit Leon mithalten, das kann nicht jeder.“Auch Sturm stellt Draisaitl auf den Sockel: „Er macht jeden Spieler besser, egal, wer auf dem Eis steht.“

Für Franz Reindl, den Präsidente­n des Deutschen Eishockey-Bundes, war es ein Glückstag. „Es war eine Riesenüber­raschung für mich, dass Leon nach der langen Saison gekommen ist, und eine Riesenfreu­de. Wir haben jetzt eine tolle Ausgangspo­sition. Es ist toll, im Finale zu stehen.“Der Mann ist euphorisie­rt. Wohlgemerk­t, er meint das letzte Vorrundens­piel gegen Lettland, in dem es um den Einzug ins Viertelfin­ale geht. Ein Endspiel.

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FOTO: IMAGO Leon Draisaitl brachte neuen Schwung ins Angriffssp­iel.

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