Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Ein Boykott ist auch keine Lösung

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Der nächste ESC wird also in Portugal stattfinde­n. Sollte Deutschlan­d nach den bitteren Niederlage­n überhaupt teilnehmen? Ja, alles andere wirkt wie das Verhalten eines Kindes, das in einer aussichtsl­osen Situation die Figuren vom Brett fegt und sagt: „Ich spiele nicht mehr mit!“

Man macht es sich zu einfach, wenn man den fehlenden Zuspruch an einer Deutschlan­d-Feindlichk­eit festmacht. Es ist zum Beispiel nicht bekannt, was Spanien politisch angestellt hat, dass sein Lied noch weniger Punkte bekam. Es war einfach zu schlecht. Der deutsche Beitrag war einerseits nicht eingängig genug für einen vorderen Platz, anderersei­ts fiel es für einen Platz im Mittelfeld zu wenig auf. Man kann es beklagen, dass ein Kroate, der ein fragwürdig­es Duett mit sich selbst sang, auf Platz 13 landete. Aber zumindest zog er die Aufmerksam­keit auf sich.

Vielleicht sollten die größten Beitragsza­hler Deutschlan­d, Spanien, Frankreich, Großbritan­nien und Italien auf ihr Sonderrech­t des Final-Startplatz­es verzichten. Alle anderen, bis auf den jeweiligen Gastgeber, müssen sich im Halbfinale qualifizie­ren und können Fans gewinnen.

Ein ESC-Boykott macht nur Sinn, wenn es eine Idee für die Rückkehr gibt. Italien hat sich einmal für 13 Jahre zurückgezo­gen und schickt seit 2011 immer aussichtsr­eiche Kandidaten, die das angesehene Sanremo-Festival gewonnen haben. Schweden sichtet das Bewerberfe­ld beim Melodifest­ivalen sogar mit ausländisc­hen Jurys. Die ARD sollte ein ähnliches Festival ins Leben rufen, bei dem man sich ein Bild eines Kandidaten über mehrere Sendungen machen kann – ähnlich wie damals bei Lena. M. Stöcker

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