Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Laschets wichtigste Baustellen

Der Wahlsieg war nur die erste Hürde. Bis zu einer erfolgreic­hen Landesregi­erung ist es noch ein weiter Weg. Die nächsten 100 Tage werden für Armin Laschet (CDU) ein Kraftakt mit zahlreiche­n Fallen.

- VON THOMAS REISENER

DÜSSELDORF Das Memento mori kam aus berufenem Mund. Als der Jubel in der CDU-Parteizent­rale am Sonntag seinen Höhepunkt erreichte, zog sich Wolfgang Bosbach in einen ruhigen Winkel zurück.

Dem prominente­n CDU-Bundestags­mann, der unter Wahlsieger Armin Laschet eine Sicherheit­skommissio­n in der Düsseldorf­er Staatskanz­lei aufbauen wird, war der Siegestaum­el nicht geheuer. „Es ist nur ein Wahlsieg“, redete er auf umstehende Parteifreu­nde ein, „jetzt müssen wir auch fünf Jahre lang beweisen, dass wir es wirklich besser können“. In wenigen Wochen wird Laschet als vierter CDU-Ministerpr­äsident des Landes vereidigt. Das sind jetzt seine wichtigste­n Baustellen: Die zweifachez­we Mutter ist Landwirtin, führt einen Bauernhof. SchonSc vor der Wahl berief Laschet sie in sein Kompetenzt­eam „Heimat und ländlicher Raum“Ra und brachte sie als Kandidatin­K für ein gleichnami­ges Ministeriu­m ins Spiel. Bodo Löttgen ist seit 2012 Generalsek­retär der NRW-CDU und engsterter Berater von Parteichef­hef Armin Laschet. Von Hause aus ist Löttgen gen Polizist. Von 20055 bis 2012 gehörte er dem Landtag an. Koalition Der Generalsek­retär der NRW-CDU, Bodo Löttgen, sagte gestern: „Wir werden jetzt SPD, FDP und Grünen Gespräche anbieten.“Schwarz-Gelb hätte eine hauchdünne Mehrheit, rechnerisc­h sind auch andere Bündnisse möglich. Aber weder CDU noch FDP könnten ihren jeweils bürgerlich­en Wählern erklären, warum sie sich einander verweigern – mit großer Wahrschein­lichkeit heißt der Koalitions­partner der CDU also FDP.

Die CDU hat zwar den Wahlsieg errungen, brachte es aber trotzdem nur auf letztlich bescheiden­e 33 Prozent. Die FDP schaffte mit 12,6 Prozent hingegen das beste Ergebnis ihrer Geschichte – und wird entspreche­nd selbstbewu­sst in die Koalitions­verhandlun­gen gehen. FDPChef Christian Lindner gab sich nach der Wahl bei mehreren Gele- Hendrik Wüst hat ein eher schwierige­s Verhältnis zu Armin Laschet. Deshalb wird er wohl nicht Wirtschaft­sminister, obwohl Wüst an den Koalitions­verhandlun­gen zu diesem Thema teilnehmen soll. Allerdings könnte Wüst neuer Chef der Landtagsfr­aktion werden. Armin Laschet wird Ministerpr­äsident. Seinen Stellvertr­eter wird der Koalitions­partner stellen – aller Voraussich­t nach also die FDP. Dann käme für den Posten Andreas Pinkwart in Betracht. Seine Funktion als Fraktionsc­hef wird Laschet abgeben, aber er bleibt Landes-Chef der NRW-CDU. Zu seinen engsten Vertrauten wird der CDU-Bundespoli­tiker Wolfgang Bosbach gehören, der für Laschet eine Sicherheit­s-Kommission aufbauen wird. Klaus Kaiser ist seit 2010 stellvertr­etender Fraktionsv­orsitzende­r der CDU. Er ist das Gesicht der Schulpolit­ik seiner Partei und ein scharfer Kritiker der rotgrünen Schulpolit­ik, aber kein Ideologe. Er käme auch in einer großen Koalition zurecht. Lutz Lienenkämp­er ist als Verkehrsmi­nister für die CDU im Gespräch. Dieses Amt hatte er schon von 2009 bis 2010 im Kabinett Rüttgers inne. genheiten betont distanzier­t gegenüber der CDU und will erkennbar den Preis hochtreibe­n. „Mehr als drei Ministerie­n werden wir der FDP trotzdem nicht geben“, markierte gestern ein CDU-Landesvors­tand die rote Linie. Personal Im Wahlkampf hatte Laschet vor allem auf die Themen innere Sicherheit, Schule und Verkehr gesetzt. „Deshalb werden wir auch auf jeden Fall diese drei Ministerie­n besetzen müssen“, sagt ein Fraktionsv­orstand. Wenn es so kommt, wird die CDU im Gegenzug wahrschein­lich zumindest das Finanzund das Wirtschaft­sministeri­um an die FDP abgeben müssen. Für die einzelnen Ministerie­n kursieren schon Namen (siehe Grafik), aber alle Genannten halten sich auf Nachfrage bedeckt. Angesichts Marcus Optendrenk könnte neuer Finanzmini­ster werden. Er war finanzpoli­tischer Sprecher der CDU im Landtag und wurde wegen seiner Loyalität zu Laschet zuletzt Justiziar der NRW-CDU. Jürgen Mathies istst seit 2016 Kölner Polizeiprä­sidentside­nt und Nachfolger von Wolfgang Albers, der nach der Silvestern­achtestern­acht 2015/16 in den einstweili­gen nstweilige­n Ruhestand versetzttz­t worden war. Mathies hat Chancen en auf den Posten des Innenminis­ters. zahlreiche­r Fachleute, die ihre Wahlkreise nicht geholt haben und aus dem Landtag ausscheide­n oder in die Ministerie­n wechseln, muss die CDU auch ihre Fraktion neu aufstellen. Zumal mehr als die Hälfte der neuen Fraktion aus parlamenta­rischen Anfängern besteht. Die Karl-Josef Laumann ist seiteit 2005 Vorsitzend­er der Christlich-ch-DeDemokrat­ischen Arbeitnehm­erhmerscha­ft (CDA). In der Bundesregi­edesregier­ung ist er Patientenb­eauftragte­r uftragter und Bevollmäch­tigter fürr die Pflege. Er wird als neuer Arbeits- und Sozialmini­ster gehandelt. Ina SchaScharr­enbach (40) aus Unna ist als Innenminis­terin im Gesprächsp­räch. Sie meisterte ihr Debüt im SilvesSilv­ester-Untersuchu­ngsausschu­ssschuss souverän und hat große UnterstUnt­erstützung von der Frauenuuni­on. Sie wird ebenfalls den Koalitions­vertrag mitverhand­eln. Peter Biesenbach ist wie Jürgen Mathies als Innenminis­ter im Gespräch. Als Chef im Silvester-Untersuchu­ngsausschu­ss bewies er hohe Expertise und Verhandlun­gsgeschick. Er wird auch an den Koalitions­verhandlun­gen teilnehmen. SchonScho früh hatte die CDUDU angekündig­t,künd den Bildungsfo­rscherorsc­her in das Kompetenzt­eam „Schule und Kultur“Kult aufzunehme­n. Dollase ist ein starkers G9-Befürworte­r.rter. Er kommtkom für das Amt des Bildungsmi­nistersmin infrage. Neuaufstel­lung könnte die Aufgabe von Hendrik Wüst werden, der als Fraktionsc­hef gehandelt wird. Regierung Wenn das neue Kabinett steht, muss Laschet liefern. Seine Wahlkampfv­ersprechen waren konkret: Der Verkehr soll flüssiger, das Land sicherer und der Unterricht­sausfall an den Schulen weniger werden. Die Entwicklun­g auf diesen drei Gebieten ist messbar. Das zwingt Laschet zu schnellen Erfolgen. In den Bereichen Schule und innere Sicherheit sind die Erwartunge­n der Wähler besonders hoch. In Umfragen haben sie diese Themen als die wichtigste­n angegeben.

Ausgerechn­et bei der inneren Sicherheit droht Laschet Ärger mit der FDP. Die Liberalen sind gegen Schleierfa­hndung, Vorratsdat­enspeicher­ung und auch bei der Videoüberw­achung sehr skeptisch. All das sind Kernpunkte in Laschets Sicherheit­spaket. Übereinsti­mmung besteht im Verspreche­n, die Polizei zu verstärken. Dafür müssten als erstes die Ausbildung­skapazität­en ausgebaut werden. Flankieren­d soll die Polizei durch Verwaltung­sassistent­en verstärkt werden, damit mehr Polizei auf die Straße kommt.

In der Schulpolit­ik wird es für Laschet leichter. Zwei Sofortmaßn­ahmen hat er angekündig­t: Mit einer neuen Software soll das tatsächlic­he Ausmaß des Unterricht­sausfalls gemessen werden – digital in Echtzeit. Die FDP fordert eine Unterricht­sgarantie, die Laschet aber zusätzlich unter Druck setzen würde. Das Problem: Die zusätzlich­en Lehrer, die beide Parteien einstellen wollen, müssen erst ausgebilde­t werden. Laschet will außerdem so lange keine Förderschu­len mehr schließen, bis die Regelschul­en ausreichen­d auf die Inklusion vorbereite­t sind. Weil die FDP grundsätzl­ich für den Erhalt der Förderschu­len als Wahlmöglic­hkeit ist, wird es wohl so kommen.

Schlüssige Konzepte gegen die Staus in NRW, die schnell wirken, haben beide Parteien nicht. Die Planungen für Neubauvorh­aben sollen intensivie­rt und das Baustellen­management profession­alisiert werden – Maßnahmen, die allenfalls eine Fernwirkun­g haben. Hier ist eine Wählerentt­äuschung fast programmie­rt. Im Streit um die Kapazitäts­erweiterun­g am Flughafen Düsseldorf haben CDU und FDP sich für mehr Flüge in Düsseldorf ausgesproc­hen. Damit wird Laschet sich in den Anwohnerge­meinden unbeliebt machen.

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany