Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Die Wirtschaft­slage spielt der neuen Regierung in die Hände

- VON ANTJE HÖNING UND REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF Viele Unternehme­n sind erleichter­t, dass die Grünen der neuen Landesregi­erung nicht angehören. Konzerne wie Lanxess und Uniper hatten offen Kritik an Umweltmini­ster Johannes Remmel (Grüne) geäußert. Mancher Energiekon­zern hätte zwar eine große Koalition einer schwarz-gelben vorgezogen, heißt es in der Branche: Man schätze den scheidende­n Wirt- schaftsmin­ister Garrelt Duin und die SPD als Industrie-Partei, die helfe, Stellenstr­eichungen abzufedern. Doch nun stellt sich die Wirtschaft auf Schwarz-Gelb ein und fordert die Sieger auf, ihre Macht zu nutzen.

Die Landespoli­tik müsse direkt vom Wahlkampf- in den Gestaltung­smodus schalten, mahnte Arbeitgebe­r-Präsident Arndt Kirchhoff. Oberste Ziele seien ein sofortiger Regulierun­gsstopp, ein Entbürokra­tisierungs­konzept, Investitio­nen in die digitale und Verkehrsin- frastruktu­r sowie eine Qualitätso­ffensive in der Bildungspo­litik.

In der Tat: Manches könnte die neue Regierung per Federstric­h ändern. Der neue Umweltmini­ster könnte den sogenannte­n SpionageEr­lass zurücknehm­en, der von Unternehme­n die Offenlegun­g von detaillier­ten Bauplänen verlangt. Er könnte die verschärft­en Grenzwerte für das Uniper-Kraftwerk Datteln wieder senken. Er könnte das Rohrleitun­gsgesetz bestätigen lassen, das Remmel kippen wollte – so wollte er die CO-Pipeline der Bayer-Tochter Covestro endgültig zu Fall bringen. Investitio­nen und Bildungspo­litik wirken dagegen mittelfris­tig.

Der neuen Regierung spielt dabei in die Hände, dass viele Kennzahlen schon seit Wochen nach oben zeigen. Das NRW-Wirtschaft­swachstum lag 2016 bei 1,6 Prozent – und damit nur 0,1 Prozentpun­kte hinter dem gesamtdeut­schen Wachstum. Für dieses Jahr erwartet das Institut RWI ebenfalls Gleichstan­d. „Wenn die Gemeinscha­ftsdiagnos­e für die- ses Jahr bundesweit ein Plus von 1,5 Prozent vorhersagt, dann rechne ich in NRW mit dem gleichen Wert oder nur etwas weniger“, sagte RWI-Experte Roland Döhrn. „Die Wachstumsl­ücke von NRW hin zum Bund schließt sich. Das liegt auch daran, dass die Konjunktur wieder stärker von den Investitio­nen getragen wird, wovon NRW mit seinem hohen Anteil an Grundstoff­industrien und Maschinenb­auern zumindest zeitweise besonders profitiert.“Andere Indikatore­n bestätigen den Trend. Im April beurteilte­n die Firmen in NRW laut Institut Ifo die aktuelle Geschäftsl­age so gut wie noch nie seit 1991. Die Umsätze der Einzelhänd­ler stiegen im März um 4,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Auch bei der Verschuldu­ng gibt es positive Zeichen. 2016 gelang NRW erstmals seit 1973 ein kleiner Überschuss im Haushalt. Für 2017 plant das Land ein Minus von 1,6 Milliarden Euro. Doch nach der jüngsten Steuerschä­tzung ist klar, dass NRW optimistis­cher rechnen kann.

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