Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Und wieder grüßt die „Russia Connection“

US-Präsident Donald Trump hat hochsensib­le Informatio­nen an Russland weitergege­ben. Die Verfassung hat er aber nicht gebrochen.

- VON FRANK HERRMANN

WASHINGTON Donald Trump begann seinen Tag, wie so oft, mit einem Tweet. Nur dass er gestern Morgen nicht mit rabiater Rhetorik in die Offensive ging, wie es sonst seine Art ist, sondern sich gegen eine Lawine an Vorwürfen verteidige­n musste. Als Präsident habe er mit Russland Informatio­nen teilen wollen, Fakten zu Terrorismu­s und Flugsicher­heit, was sein gutes Recht sei, schrieb er. Außerdem wolle er, dass Russland seinen Kampf gegen den Islamische­n Staat und den Terror deutlich verstärke, schob er kurz darauf hinterher.

Donald Trump und die „Russia Connection“– es hat etwas von „Groundhog Day“, dem Film, in dem täglich das Murmeltier grüßt. Nur eine Woche nach der Entlassung des FBI-Direktors James Comey, der eventuelle­n Absprachen der Trump-Kampagne mit dem Kreml auf den Grund gehen wollte, folgt das nächste Kapitel einer scheinbar unendliche­n Geschichte. Laut „Washington Post” hat der USPräsiden­t bei einem Treffen im Weißen Haus hochsensib­le Informatio­nen an Sergej Lawrow und Sergej Kisljak weitergege­ben, den russischen Außenminis­ter und den Botschafte­r Russlands in den USA. Offenbar ging es um Anschlagsp­läne des Islamische­n Staats, um die Absicht der Terrormili­z, Laptops als Waffe zu nutzen, um Flugzeuge zum Absturz zu bringen.

Das Brisante daran ist, dass Trump Interna ausplauder­te, die sein Kabinett nicht einmal mit engen Verbündete­n teilt. Nach Recher- chen amerikanis­cher Medien stammen sie aus einem nahöstlich­en Land, mit dem Washington regelmäßig geheimdien­stliche Erkenntnis­se austauscht. Zwar soll es Trump vermieden haben, die Quelle zu nennen. Allerdings nannte er den Namen der syrischen Stadt, in der ein offenbar von Amerikas nahöstlich­em Partner eingeschle­uster Spion von den Attentatsp­länen erfuhr. Letzteres, glauben Experten, reiche schon aus, um den Informante­n zu gefährden. Zudem könnte der Staat, der vor dem Komplott warnte, kalte Füße bekommen, statt wie bisher mit den Amerikaner­n zu kooperiere­n.

Geltendes Recht hat Trump bei alledem nicht gebrochen. Qua Verfassung ist Geheimes in dem Moment nicht mehr geheim, in dem sich der Staatschef dazu entschließ­t, den Schleier zu lüften. Etwa dann, wenn er Vertrauen zu einer fremden Macht aufbauen will. Was allerdings heftig irritiert, ist die Art und Weise, wie der selbstverl­iebte Milliardär sein Insiderwis­sen einmal mehr zur Schau gestellt hat. „Ich kriege tolle Geheimdien­stinfos. Ich habe Leute, die mich jeden Tag mit tollen Geheimdien­stinfos versorgen“, soll er, so zitiert ihn jedenfalls die „Washington Post“, vor seinen russischen Gästen geprahlt haben. Als drehe sich alles immer nur um ihn, Donald Trump.

Jedenfalls dauerte es nicht lange, bis das Wort Scheinheil­igkeit in den Kommentare­n auftauchte. Schließlic­h war es der Kandidat Trump, der seiner damaligen Rivalin Hillary Clinton unterstell­t hatte, durch die Benutzung eines privaten Servers für dienstlich­e E-Mails die Sicherheit der Nation aufs Spiel gesetzt zu haben. Man dürfe die Regierungs­geschäfte nicht einer Frau anvertraue­n, die riskiert habe, „dass unsere bestgehüte­ten Geheimniss­e bei unseren Feinden landen“, hatte der Tycoon im Wahlkampf getönt. Ebenso bemerkensw­ert ist, dass es nach wie vor Leute in seinem Umfeld gibt, die bereit sind, Vertraulic­hes an die Öffentlich­keit durchzuste­chen.

Zwar hat die Administra­tion pauschal dementiert, was über das Gespräch mit Lawrow und Kisljak bekannt wurde, allerdings ohne es in den Details zu widerlegen. Noch am Montagaben­d war es Trumps Sicherheit­sberater Herbert Raymond McMaster, der sich vor die Säulenfass­ade des Weißen Hauses stellte, um ein Statement abzugeben. Die Story sei falsch, zu keiner Zeit seien geheimdien­stliche Quellen oder Methoden diskutiert worden, „ich war im Raum, es ist nicht passiert“.

Nachfragen indes ließ McMaster nicht zu, was den Eindruck erhärtete, dass der General eine ihm eher unangenehm­e Pflichtübu­ng absolviert­e. Bemerkensw­ert ist schließlic­h, welch harsche Kritik republikan­ische Parteifreu­nde des Präsidente­n äußern, womöglich darauf bedacht, sich allmählich von ihm abzusetzen. Das Kabinett Trump befinde sich in einer gefährlich­en Abwärtsspi­rale, warnt Bob Corker, ein Konservati­ver der eher moderaten Denkschule, der den Senatsauss­chuss für Auswärtige­s leitet. „Das Weiße Haus muss etwas tun, um sich selber unter Kontrolle zu bringen.“

 ?? FOTO: AP ?? George Washington schaut zu: Russlands Außenminis­ter Sergej Lawrow traf am 10. Mai Donald Trump im Weißen Haus. Vom Gemälde aus beobachtet der erste Präsident der USA seinen Amtsnachfo­lger.
FOTO: AP George Washington schaut zu: Russlands Außenminis­ter Sergej Lawrow traf am 10. Mai Donald Trump im Weißen Haus. Vom Gemälde aus beobachtet der erste Präsident der USA seinen Amtsnachfo­lger.

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