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6,1 Milliarden Euro Verlust bei Vodafone

Abschreibu­ngen in Indien und die Brexit-Folgen bescheren dem größten Mobilfunkk­onzern der Welt rote Zahlen. In Deutschlan­d geht es aber deutlich bergauf – auch wegen pfiffiger Ideen. Die Zahl der Jobs sinkt hierzuland­e.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

LONDON/DÜSSELDORF Global geht es Vodafone teilweise so schlecht wie lange nicht, in Deutschlan­d als umsatzstär­kstem Markt geht es erstmals seit drei Jahren wieder deutlich bergauf. Diese widersprüc­hliche Bilanz stellte der Konzern gestern in der Londoner Zentrale sowie im Düsseldorf­er Hauptquart­ier vor.

Unter dem Strich belief sich Vodafones Verlust auf 6,1 Milliarden Euro. Ein Grund ist, dass Umsätze im Heimatmark­t wegen der PfundAbwer­tung in Euro weniger wert sind. Der Brexit kostet Vodafone also viel Geld, weil die Briten vorsorglic­h schon in Euro bilanziere­n.

Hauptgrund der Verluste ist aber eine Abschreibu­ng von fünf Milliarden Euro in Indien. Der reichste Mann des Landes, Mukesh Ambani, versucht Indiens Mobilfunkm­arkt mit Kampfpreis­en aufzurolle­n. Um gegenzuhal­ten, senkt Vodafone in Indien auch die Tarife und fusioniert mit einem Wettbewerb­er. Der Kunde zahlt im Durchschni­tt nur noch zwei Euro im Monat.

In Deutschlan­d kann der seit 2015 amtierende neue Vorstandsc­hef Hannes Ametsreite­r dagegen die Ernte der mehr als zehn Milliarden Euro hohen Investitio­nen der vergangene­n fünf Jahre einholen. 2013/14 sackte der Umsatz wegen eines zeitweise nur schlechten Netzes um 7,2 Prozent ab. Auch in den zwei Folgejahre­n ging es runter mit den Einnahmen. Doch der Umsatz im Ende März abgelaufen­en Geschäftsj­ahr 2016/17 stieg nun endlich um 1,9 Prozent auf etwas mehr als zehn Milliarden Euro.

Noch wichtiger ist für Ametsreite­r dass die Gewinne so stark zulegen wie seit sechs Jahren nicht: Der operative Profit (Ebitda) erhöhte sich um 4,5 Prozent auf 3,6 Milliarden Euro. Vergangene­s Jahr waren nur 2,1 Prozent Zuwachs drin. Davor brachen die Profite sogar in zwei Jahren um fast ein Drittel ein. „Die machen mit der jetzigen Wende schon einen guten Job“, sagt dazu Torsten Gerpott, Betriebswi­rtschaftsp­rofessor aus Duisburg.

Die Zahlen zeigen, wie entschloss­en Vodafone um neue Kunden wirbt. So sank der monatliche Umsatz eines Handykunde­n mit festem Vertrag in den vergangene­n zwei Jahren von 26 Euro im Schnitt auf nur noch 24,70 Euro, obwohl Vodafone immer großzügige­re Datenkonti­ngente spendiert. Bei der Telekom kommen pro Monat nur 20 Euro zusammen, bei Telefonica noch weniger.

Wichtigste­r Wachstumst­reiber ist das Kabel-TV-Geschäft bei der früheren Kabel-Deutschlan­d, das um acht Prozent auf 2,2 Milliarden Euro stieg. Hier bietet Vodafone bis zu 400 Megabit an Tempo für Onlinezugä­nge an. Aber auch beim Verkauf von DSL-Verträgen, die Vodafone von der Telekom schalten lässt, gab es Zuwachs. Um aber in NRW wettbewerb­sfähig gegenüber der Telekom zu sein, peilt Vodafone die Übernahme des Kölner Kabel-TVAnbieter­s Unitymedia an.

Wegen des immer härteren Preiskampf­es setzt Vodafone weltweit auf Investitio­nen in neue Produkte und gleichzeit­ig den Abbau von Personal in der Verwaltung sowie bei einfachen Technikjob­s, die durch Digitalisi­erung wegfallen.

Dies zeigt sich auch in Deutschlan­d: Die Zahl der Mitarbeite­r sank um 300 auf 14.360. Ametsreite­r erklärt, es habe zwar Stellenabb­au gegeben, aber keine betriebsbe­dingten Kündigunge­n. Der Konzern verbucht in London Aufwendung­en von 400 Millionen Euro in Deutschlan­d und Großbritan­nien für das aktuelle Sparprogra­mm – Details dazu nennt Vodafone aber nicht.

Einer der Wachstumst­reiber ist das Geschäft mit Mobilfunkk­arten, die in Maschinen oder Gegenständ­e eingebaut werden. Ein auf solchen Ideen aufbauende­s Produkt gibt es nun auch für Privatkund­en. Eine kleine Box für knapp 50 Euro hält per Mobilfunk (LTE) Kontakt mit dem Internet. Doch die Kunden können dann jedes Gerät per W-Lan anschließe­n, abgerechne­t wird als eine Option nur der Datenverbr­auch. „Ideal für Camper oder ein Ferienhaus“, meint Ametsreite­r.

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FOTO: DPA Vodafone-Chef Vittorio Colao stellte in London die Bilanz vor.

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