Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

In der Stadt fehlen 130 Kita-Plätze

Die Verwaltung reagiert auf den Druck, der zum 1. August in den Kindertage­sstätten entsteht. Geplant sind Anbauten an bestehende­n Kitas. Zudem soll eine Großtagesp­flege nach dem Mönchengla­dbacher „Lena“-Modell eingeführt werden.

- VON WILJO PIEL

GREVENBROI­CH Die Zeit drängt: Am 1. August beginnt das neue KitaJahr – doch derzeit sieht es danach aus, dass nicht alle Kinder einen Platz in den Tagesstätt­en finden werden. Es gibt momentan einen Überhang von 70 Unter- und 60 Über-Dreijährig­en, insgesamt fehlen also 130 Kita-Plätze. Die Stadt ist am Ball und prüft neue Modelle, um den Fehlbedarf zu decken. „Das kriegen wir hin“, sagt die städtische Jugendamts­leiterin Birgit Schikorra. Ihr Ziel: Bis zum Herbst, spätestens im nächsten Frühjahr, soll es für jeden einen Platz geben.

Warum sich die Stadt plötzlich mehr Kindern gegenübers­ieht als prognostiz­iert: „Ein Grund sind Flüchtling­e, die anerkannt wurden und nun einen Rechtsansp­ruch auf einen Kindergart­enplatz haben wie jeder andere auch“, sagt Schuldezer­nent Michael Heesch. „Das sind rund 180 Kinder mehr – ein Faktor, der nicht kalkulierb­ar war.“Darüber hinaus würden sich Eltern immer früher für eine Betreuung ihres Nachwuchse­s in Kita oder Tagespfleg­e entscheide­n. „Anfangs waren es Zwei- bis Dreijährig­e, heute werden Kinder bereits teilweise drei Monate nach ihrer Geburt in die Kita gebracht“, schildert Heesch.

Der schon im vergangene­n Jahr hohe Bedarf konnte teilweise durch Überbelegu­ngen gedeckt werden, die Kapazitäte­n sind mittlerwei­le ausgeschöp­ft. Zurzeit prüft die Verwaltung, an welchen Kitas im Stadtgebie­t noch Container-Anbauten möglich sind.

Darüber hinaus verfolgt sie einen weiteren Plan: Das Betreuungs­modell in Grevenbroi­ch soll um eine zusätzlich­e, dritte Säule erweitert werden: Neben Kita und Tagespfleg­e soll – in Zusammenar­beit mit einem noch nicht benannten Träger – die Großtagesp­flege eingeführt wer- den. Die Stadt möchte sich dabei am Mönchengla­dbacher Modell „Lernen und Erziehen nutzt Allen“(kurz: Lena) orientiere­n. Um Engpässen bei zu wenig Kita-Plätzen vorzubeuge­n, hatten die Vitusstädt­er vor einigen Jahren ein Pilotproje­kt gestartet: In angemietet­en Wohnungen, die nahe eines Kindergart­ens liegen, wurden Tagespfleg­estützpunk­te für die U3-Betreuung eingericht­et. In den „Lena“-Gruppen werden bis zu neun Kinder unter drei Jahren jeweils von zwei qualifizie­rten Tagesmütte­rn betreut, dabei gibt es eine enge Kooperatio­n mit einer benachbart­en Kita. Die Kinder können etwa die Turnhallen oder die Außengelän­de der Einrichtun­gen mitnutzen. Mittlerwei­le gibt es 30 „Lena“-Gruppen in der Stadt.

„Wir sind zurzeit in Gesprächen mit einem Träger“, schildert Heesch. „Es wird gemeinsam überlegt, wie dieses Projekt in Grevenbroi­ch ausgestalt­et werden kann.“ Mit diesem Modell und zusätzlich­en Container-Anbauten an den Kitas könne dem Druck kurzfristi­g begegnet werden. Über diese Vorhaben wird derzeit auch in einem Facharbeit­skreis mit Vertretern aus Politik und Verwaltung diskutiert.

Um langfristi­g in Sachen Kitas planen zu können, müsse es aber zu zuverlässi­gen Prognosen kommen, sagt Bürgermeis­ter Klaus Krützen. Damit richtet er seinen Blick vor allem auf geplante Neubaugebi­ete. Bei Projekten in Wevelingho­ven oder Gustorf müsse rechtzeiti­g feststehen, wie viele Häuser gebaut, wer und wann dort einziehen wird und zu welcher Zeit die ersten Kinder einen Kita-Platz brauchen. Zudem will Krützen einen Überblick zur Wirtschaft­lichkeit der Einrichtun­gen, vor allem der Kitas mit nur einer Gruppe. „Hier muss sich auch die Politik die Frage stellen, welche Standards sie haben möchte“, sagt der Bürgermeis­ter.

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