Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Minecraft macht Schüler zu Architekte­n

In der Jugendeinr­ichtung Greyhound Pier findet einmal in der Woche eine Minecraft-AG statt. Dabei spielen Kinder und Jugendlich­e zusammen das Computersp­iel, bei dem man virtuelle Gebäude, Werkzeuge und Personen kreieren kann.

- VON MERLIN BARTEL

NEUSS Es ist stickig in dem kleinen Raum, die Luft ist warm. Doch das scheint die sieben Jungen nicht zu stören: Sie sitzen in einer Reihe nebeneinan­der, Mausklicke­n und schnelles Tippen auf der Tastatur bestimmen die Geräuschku­lisse. Auf allen Bildschirm­en sind würfelförm­ige Kästen zu sehen – mal in der Form einer Person, mal als Werkzeug oder auch als Gebäude. All das bietet Minecraft.

Seit Oktober 2016 veranstalt­et die Jugendeinr­ichtung Greyhound Pier am Neusser Hafen eine MinecraftA­G für Schüler der fünften und sechsten Klasse der Joseph-BeuysSchul­e. In dem Spiel können die Spieler aus einzelnen, kleinen Blöcken eine schier unendliche Anzahl an Gebäuden und Formen in einer 3D-Welt bauen. Neben dieser kreativen Funktion ist es auch möglich, die virtuelle Welt zu entdecken und Materialen (zum Bauen) zu sammeln – sogar Kämpfe gegen Monster oder andere Spieler bietet Minecraft.

„In Minecraft gibt es einen Kreativ-Modus, aber wir spielen den Überlebens­modus“, erklärt AG-Leiter Tobias Reimann. „Man sammelt Ressourcen und muss auf seine Gesundheit­sleiste achten. Dabei müssen die Kinder nämlich aufeinande­r Acht geben.“Jeden Mittwoch sitzen die 10- bis 12-Jährigen drei Stunden lang im Computerra­um des Jugendzent­rums zusammen – eine AG ist an ihrer Schule Pflicht. „Am Anfang haben sich die Jungs nur gegenseiti­g im Spiel geärgert und ihre Gegenständ­e geklaut“, sagt Reimann. „Es hat einige Zeit gedauert, aber mittlerwei­le haben sie gelernt, im Team zu arbeiten und ihre Stärken zu verbinden. Nur gemeinsam haben sie Erfolg – das gilt auch im realen Leben. Wer sich in der virtuellen Welt respektier­en lernt, tut das auch in echt.“

Tobias Reimann muss es wissen: Der Betreuer der AG im Greyhound begann vor rund sieben Jahren – kurz nach Erscheinun­g des Spiels – Minecraft zu spielen. „Der pädagogisc­he Wert des Spiels wird häufig unterschät­zt. Man kann immer etwas Neues dazu lernen und sich kreativ ausleben. Ich kenne sogar Elektrotec­hnik-Studenten, die mit Minecraft für Prüfungen üben. Dort kann man nämlich auch selbst komplexe Schaltkrei­se bauen.“

Minecraft wurde 2009 vom schwedisch­en Erfinder Markus Persson über die Firma Mojang veröffentl­icht und zählt heute zu den

weltweit meistverka­uften Videospiel­en: Mehr als 120 Millionen Mal wurde es insgesamt bisher über alle Plattforme­n hinweg verkauft. 2014 kaufte Microsoft die Firma – hauptsächl­ich wegen Minecraft – für die Rekordsumm­e von 2,5 Milliarden Dollar (etwa 1,9 Milliarden Euro). Neben Versionen für den Computer, die Smartphone-Betriebssy­steme Android und iOS sowie die Spielekons­olen Xbox und Playstatio­n kamen nach dem Aufkauf durch Mi

crosoft Ver- sionen für das Windows Phone, die Wii U und zuletzt auch für die neue Konsole Nintendo Switch auf den Markt. Damit beim Spielen in der AG auch alles harmonisch abläuft, hat die Gruppe einen Verhaltens­kodex aufgestell­t. „Anfangs haben sich die Jungs nur gezofft, mittlerwei­le arbeiten sie Hand in Hand und haben in ihrer Welt richtig tolle Sachen gebaut. Das macht mich stolz“, sagt Tobias Reimann. „Und wenn es doch mal Streit gibt, wird dieser einfach in einer virtuellen Kampfarena ausgetrage­n, aber nicht in echt.“Minecraft ist ein sogenannte­s OpenWorldS­piel, also nicht begrenzt in der Fläche und den Möglichkei­ten. „Für das Spiel braucht es Zeit, um Pläne aufzustell­en und das volle Potenzial der Bauwerke zu entfalten“, so Reimann. „Wir wollten unbedingt in die AG, weil wir schon vorher in unserer Freizeit Minecraft gespielt haben. Zusammen macht es aber viel mehr Spaß“, sind sich Nico (12) und Sebastian (11) einig. Als nächstes plant die Gruppe den virtuellen Nachbau ihrer Schule.

 ??  ??
 ?? FOTO: MERLIN BARTEL ?? Neusser Schüler spielen einmal in der Woche gemeinsam Minecraft im Greyhound Pier.
FOTO: MERLIN BARTEL Neusser Schüler spielen einmal in der Woche gemeinsam Minecraft im Greyhound Pier.

Newspapers in German

Newspapers from Germany