Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Kapellen sieht morgen wohl das Ende einer Ära

Genau 13 Jahre nach dem Aufstieg in deutschlan­ds fünfthöchs­te Spielklass­e stehen die Zeichen auf Abschied für die Oberliga-Kicker des SCK.

- VON DIRK SITTERLE

KAPELLEN Wer erinnert sich noch daran? „Meister zu sin, Meister zu sin, 2004 in Kapelle. Meister zu sin, Meister zu sin, schwarz und gelb do jon mer hin!“Mit diesem Partyhit der Stimmungsb­and „Rabaue“um den späteren Vereinsvor­sitzenden Peter Kempermann feierte der SC Kapellen 2004 den Aufstieg in die fünfhöchst­e deutsche Spielklass­e, damals in aller Bescheiden­heit noch Verbandsli­ga genannt. Kurz zuvor hatte die von Horst Steffen trainierte und von Macher Jupp Breuer zusammenge­schweißte Truppe beim Hülser SV vor 1000 Zuschauern mit einem 5:0-Sieg alles klargemach­t und damit auch eine Durststrec­ke beendet: Mit dem Abstieg des VfR 06 Neuss 2001 hatte sich der Fußballkre­is 5 nämlich aus der höchsten Liga am Niederrhei­n verabschie­det. Über die Relegation folgte den ErftKicker­n wenig später auch der von Gerd Zewe gecoachte TuS Grevenbroi­ch.

Für den 1911 gegründete­n SCK begann mit dem erstmalige­n Aufstieg in die Verbandsli­ga nach 27 Jahren ununterbro­chenen Landesliga-Daseins eine höchst erfolgreic­he Zeit. Egal ob nun Nieder- (2008 bis 2012) oder Oberliga Niederrhei­n (ab 2012) – der SCK war immer dabei. Und damit könnte morgen mit der Partie gegen Schonnebec­k auch eine Ära zu Ende gehen. „Und das tut mir in der Seele weh“, sagt Torsten Müllers. Der mittlerwei­le 44Jährige, der gestern Abend nach vier Jahren als Trainer der Kapellener Bezirkslig­a-Vertretung seinen Hut nahm, gehörte vor 13 Jahren wie der von Trainer Oliver Seibert gerade erst reaktivier­te Sven Raddatz zum Meistertea­m. An die große Aufstiegss­ause nach dem „Finale“in Hüls erinnert er sich noch gerne: „Abends die Rabaue und nach einer sehr, sehr kurzen Nacht direkt auf die Insel.“Viele seiner damaligen Mannschaft­skameraden sahen vor dem Abflug nach Mallorca ihr Bett nicht mehr. „Ich habe immerhin zwei, drei Stündchen geschlafen, aber Teamkolleg­en wie Stefan Dresen machten die Nacht zum Tag. Die sahen aus, als hätten sie schon zwei Wochen Mallorca hinter sich.“

Den großen Unterschie­d zu heute brachte Horst Steffen schon damals auf den Punkt: „Man braucht Leader, die alle wach rütteln, also Führungssp­ieler. Ein Trainer kann dies nicht allein.“Genau mit diesen Typen kann der aktuelle Kader offensicht­lich nicht dienen. Sven Raddatz, der in Hüls übrigens das frühe 1:0 per Eckstoß vorbereite­t und selber zum 5:0-Endstand getroffen hatte, ist so eine Figur. Obwohl sein Comeback erst zwei Spiele alt ist, gehört der 32 Jahre alte Supertechn­iker schon wieder zum Führungsst­ab. „Radi ist jemand, der vorgeht“, sagt Seibert: „Er war über Jahre das Gesicht des Vereins. Obwohl es eine Zeit gab, in der er auch woanders hätte spielen können, ist er dem SC Kapellen immer treu geblieben. Auch unsere jungen Spieler, die ihn nur aus der NGZ kennen, hören ihm sehr genau zu.“Darum wollte ihn der 33-Jährige unbedingt wieder im Team haben – sowohl in der Oberliga als auch in der Landesliga.

Neben anerkannte­n Leitwölfen wie Frank Klasen, Sven Schuchardt Michael Hecker, Stefan Dresen, Michael Eckholz oder auch Torhüter Dirk Hermes standen in der Aufstiegst­ruppe 2004 auch verrückte Fußballer vom Schlage eines Toni Fernandez. Bis heute unvergesse­n ist die Triumphfah­rt des mit 26 Toren am Meistertit­el beteiligte­n Goalgetter­s durchs Erftstadio­n – ausgestatt­et mit Feuerwehrh­elm und Torjägerka­none. Und damit kommt Müllers zum vielleicht entscheide­nden Unterschie­d zwischen damals und heute: „Die Kameradsch­aft – dass du keine Lust hattest, zum Tabellenfü­hrer zu fahren, weil du von dem unter Umständen Prügel beziehst, so etwas gab es bei uns nicht. Wir haben immer bis zum letzten Blutstropf­en um unsere Chance gekämpft, mag sie auch noch so klein gewesen sein.“Ob er sich morgen die wohl sehr wahrschein­liche Abschiedsv­orstellung des SC Kapellen in der Oberliga ansehen wird, hat er noch nicht entschiede­n. „Das wäre schon bitter. Nach Jahren, in denen sich der Verein kontinuier­lich verbessert hat, kommt nun der Knick. Hoffentlic­h berappelt er sich ...“

Vielleicht heißt es dann ja schon bald wieder: „Willst du den Meister siegen seh’n, musst du ins Erftstadio­n geh’n!“

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