Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Seifenfirm­a will Schweinswa­le retten

„Dr. Bronner’s“spendet der Meeresschu­tzorganisa­tion „Sea Shepherd“ein Schiff für Einsätze in der Nord- und Ostsee.

- VON SIMON JANSSEN

NEUSS Bisher ist es nur ein kleines Schlauchbo­ot, mit dem man nicht einmal raus aufs Meer fahren kann. Doch am kommenden Donnerstag bricht für die deutschen Verantwort­lichen von „Sea Shepherd“, eine weltweit agierende Meeresschu­tzorganisa­tion, sozusagen eine neue Epoche an. Denn dann wird in Bremen ein 14 Meter langes, hochseefäh­iges Schiff auf den Namen „Emanuel Bronner“getauft – kein Vergleich zu der „Nussschale“, die den freiwillig­en Helfern bislang zur Verfügung stand.

Auch eine Delegation aus Neuss wird am Donnerstag in der Hansestadt weilen. Schließlic­h wurde das Schiff vom US-amerikanis­chen Unternehme­n „Dr. Bronner’s“– bekannt für seine bio-zertifizie­rten und fair gehandelte­n Naturseife­n und Biokosmeti­kprodukte – gespendet. Von Neuss aus organisier­t Managing Director Axel Rungweber mit seinem Team den europaweit­en Vertrieb. Der 37-Jährige verrät, wozu das Schiff „Emanuel Bronner“, benannt nach dem Mann, der 1948 den Vorläufer der heutigen Firma gegründet hat, verwendet wird: „Mit dem Schiff soll die Gefährdung der Schweinswa­l-Population in der Ost- und Nordsee gestoppt werden.“

„Sea Shepherd“will den Einsatz von sogenannte­n PAL-Geräten (Porpoise Alert) kontrollie­ren, die an Fangnetzen angebracht werden. Denn mit ihrem akustische­n Orientieru­ngssinn können Schweinswa­le die dünnen Nylon-Netze oft nicht rechtzeiti­g wahrnehmen. Die Tiere verfangen sich und verenden. Die Geräte solle die Wale in ihrer eigenen „Sprache“vor den tückischen Fangnetzen warnen und die Warnlaute imitieren. „Viele Fischer halten sich nicht an den Einsatz dieser Geräte. Das will ,Sea Shepherd’ mit dem neuen Schiff ändern“, sagt Rungweber. Aber wie kam der Schultersc­hluss zwischen dem Flüssigsei­fen-Hersteller und der Meeresschu­tzorganisa­tion überhaupt zustande?

„Sea Shepherd kommt unserem All-One-Gedanken sehr nahe“, sagt Rungweber. Jener Gedanke sei fest in der Philosophi­e von „Dr. Bronner’s“verankert. So wird nach Firmen-Angaben ein Drittel des Gewinns grundsätzl­ich in wohltätige Zwecke und in soziale Aktivitäte­n investiert. Der restliche Gewinn werde ins Unternehme­n investiert und nicht an den Eigentümer ausgezahlt. Aufgrund der betriebsin­ternen „1 to 5 Rule“verdiene der leitende Geschäftsf­ührer maximal das fünffache des am geringsten bezahlten Arbeitnehm­ers, und dieser verdiene durchschni­ttlich 25 Prozent mehr als der übliche Lohn am Markt.

Die Firmengesc­hichte ist ungewöhnli­ch. Bereits seit 1858 stellt die jüdische Familie Heilbronne­r in Deutschlan­d Naturseife­n her, mit dem Bestreben, das für den Menschen und die Natur ideale Produkt zu finden. Emanuel Heilbronne­r lernte in der dritten Generation das Seifenhand­werk, er emigrierte 1929 in die USA und strich aus Protest gegen die Machtergre­ifung der Nationalso­zialisten das „Heil“aus seinem Namen. Seine beiden Schwestern folgten ihm, die Eltern wollten allerdings bleiben. Sie starben in den Konzentrat­ionslagern Auschwitz und Theresiens­tadt. Emanuel Bronner setzte sich fortan für eine Welt ohne Krieg und Hass ein. Er begann seine Vortragsre­ihe zum Thema Weltfriede­n.

Im Jahr 1948 gründete er den Vorläufer „Dr. Bronner’s Magic Soaps“. Er startete zunächst mit der Herstellun­g von Pfeffermin­zseifen, die er auch während seiner Reden verteilte. Als er merkte, dass manche Besucher nur die Seifen mitnahmen, anstatt ihm zuzuhören, druckte er fortan seine Philosophi­e auf die Flaschenet­iketten, um sie zu verbreiten. Dort sind sie auch heute noch in kaum veränderte­r Form zu lesen. Die Firma kann mit HollywoodS­tars wie Sandra Bullock, Drew Barrymore oder mit US-Rapper Eminem werben, die die „magischen Seifen“benutzen.

Auch für die Schiffstau­fe in Bremen hat sich prominente­r Besuch angekündig­t: die Band Jupiter Jones spielt um 18.30 Uhr ein exklusives Konzert. Außerdem wird im Museumshaf­en Vegesack auch die Schauspiel­erin und „Sea-Shepherd“-Aktivistin Anne Menden dabei sein.

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FOTO: DR. BRONNER’S Diese Grafik stellt dar, wie das Schiff „Emanuel Bronner“aussieht. Am Donnerstag soll es in Bremen getauft werden. Es ist benannt nach dem Mann, der 1948 den Vorläufer der heutigen Firma gründete.
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FOTO: DR. BRONNERS Axel Rungweber.

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